Wie Gutachten die AfA (Absetzung für Abnutzung) verkürzen oder verlängern können

In ihrer jährlichen Steuererklärung können Eigentümer von Immobilien die Anschaffungskosten abschreiben. AfA ist die Abkürzung für Absetzung für Abnutzung. Abhängig von der Nutzung sowie dem Datum des Bauantrags oder Kaufdatum und der aktuellen Gesetzeslage gelten unterschiedliche Abschreibungshöhen.
Pauschalisierte Abschreibungsdauer von Immobilien
Die Abschreibungsdauer von Immobilien liegt bei Wohnimmobilien zumeist bei mehr als 50 Jahren. Der Grund dafür ist die Pauschalierung der Abschreibungsdauer von Immobilien durch den Gesetzgeber. Bei einer Nutzungsdauer von 50 Jahren ergibt sich eine AfA von jährlich 2 Prozent. Aufgrund der höheren Abnutzung kann die Restnutzungsdauer bei Gewerbeimmobilien geringer sein.
Bei einer AfA von 2,5 Prozent liegt die Nutzungsdauer bei 40 Jahren, bei einer Abschreibungsdauer von 3 Prozent bei 33 Jahren.
Wer zwischen dem 1. Oktober 2023 und dem 30. September 2029 eine Immobilie kauft oder baut, kann diese entgegen den oben genannten linearen Abschreibungen mit 5 % degressiv für 6 Jahre abschreiben. Kauf und Übergabe müssen spätestens im Fertigstellungsjahr erfolgen. Da die Abschreibung bei der degressiven Form jährlich sinkt, lohnt sich später oft der Wechsel zur linearen AfA. Grundlage für diese höhere degressive Abschreibung ist das Wachstumschancengesetz vom 22. März 2024.
In Deutschland erlaubt der Gesetzgeber den Vermietern, die tatsächliche Nutzungsdauer einer Wohnimmobilie mit einem Nutzungsdauer-Gutachten nachzuweisen. Dieses Gutachten können Vermieter mit der Steuererklärung beim Finanzamt vorlegen, damit es die AfA an die tatsächlich kürzere Nutzungsdauer des Gebäudes anpasst.
Die kürzere Nutzungsdauer hat einen höheren Abschreibungsbetrag pro Jahr zur Folge, da die Abschreibungssumme unverändert bleibt. Vermieter können ihr zu versteuerndes Einkommen senken, indem sie die Abschreibungskosten pro Jahr erhöhen. Das ist für Wohnimmobilien ebenso wie für Gewerbeimmobilien möglich. Die AfA kann mit einem Gutachten nicht nur verkürzt, sondern auch verlängert werden. Damit fällt die jährliche steuerliche Belastung höher aus.

Anforderungen an ein Restnutzungsdauer-Gutachten
Das Bundesfinanzministerium setzt die Messlatte für Restnutzungsdauer-Gutachten für Gebäude hoch an. Im Schreiben vom 22. Februar 2023, IV C 3 – S 2196/22/10006: 005 hat es die Kriterien klar definiert:
- Es muss sich um ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen handeln, der für die Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke zuständig ist. Das Gutachten kann auch von einer Person erstellt werden, die von einer akkreditierten Stelle nach DIN EN ISO/IEC 17024 als Sachverständiger oder Gutachter für die Wertermittlung von Immobilien zertifiziert wurde.
- Der Zustand des Gebäudes muss im Nachweis in seinen Elementen dargestellt werden, die sich auf die Nutzungsdauer auswirken. Die Tragstruktur des Bauwerks spielt dabei eine wichtige Rolle. Im Nutzungsdauer-Gutachten muss der Sachverständige darlegen, warum am Ende der kürzeren Nutzungsdauer voraussichtlich keine anderweitige wirtschaftlich sinnvolle Nutzung mehr möglich ist und warum kein Restwert mehr vorhanden ist.
Ein Bausubstanzgutachten wird nicht zwingend benötigt. Es ist jedoch sinnvoll, da es für die Beurteilung des Einzelfalls hilfreiche Anhaltspunkte liefern kann. - Als Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer reicht die Übernahme der Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten nicht aus. Restnutzungsdauer und Gesamtnutzungsdauer nach der Immobilienwertverordnung (ImmoWertV) sind nicht identisch mit der tatsächlichen Gesamt- und Restnutzungsdauer eines einzelnen Gebäudes. Es handelt sich nur um Modellansätze, die nur zu sachgerechten Ergebnissen führen, wenn sie im Gesamtkontext einer Verkehrswertermittlung herangezogen werden.
Das Bundesfinanzministerium betrachtet eine isolierte Verwendung der Modelle der Immobilienwertverordnung zum Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer als nicht sachgerecht.
Ein Restnutzungsdauer-Gutachten behält seine Gültigkeit und muss nicht erneuert werden.

Was spricht für eine kürzere Nutzungsdauer von Gebäuden?
Für eine kürzere Nutzungsdauer von Gebäuden sprechen der technische Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung und verschiedene rechtliche Gegebenheiten.
Eine wirtschaftliche Entwertung kann auch durch eine mangelnde Energieeffizienz erfolgen, wenn keine Möglichkeit zur Sanierung besteht.
Gebäude, die nicht energieeffizient sind, lassen sich kaum noch vermieten, da die Mieter Wert darauf legen, Energiekosten zu sparen.
Eine kürzere Nutzungsdauer kann nicht angesetzt werden, wenn die Absicht besteht, ein noch genutztes Gebäude zu veräußern oder abzubrechen. Erst dann, wenn der Gebäudeabbruch bereits so weit vorbereitet wurde, dass eine weitere Nutzung in der bisherigen oder einer anderen Weise nicht mehr möglich ist, kann eine Verkürzung der Nutzungsdauer angenommen werden.
Ist es sinnvoll, die AfA zu verlängern?
Mit einem Gutachten kann die AfA auch verlängert werden, indem für ein Gebäude eine längere Restnutzungsdauer ermittelt und nachgewiesen wird. Das ist zumeist nicht sinnvoll, da sich die Beträge, die Immobilienbesitzer steuerlich absetzen können, verringern. Das führt zu einer höheren steuerlichen Belastung. Immobilienbesitzer können ihr Gebäude dann über eine noch längere Zeit abschreiben.
Eine längere Restnutzungsdauer kann durch eine Modernisierung oder Sanierung erzielt werden.
Ein Nutzungsdauer-Gutachten kann auch erstellt werden, wenn ein Gebäude modernisiert oder saniert wurde. Auch die Modernisierungs- oder Sanierungskosten können steuerlich geltend gemacht werden.
Wenn ein Gebäude saniert wird, für das ein Gutachten mit einer verkürzten Restnutzungsdauer vorliegt, kann die Nutzungsdauer durch die Sanierungsmaßnahmen verlängert werden. Die Sanierung wirkt sich positiv auf die tatsächliche Wertsteigerung einer Immobilie aus, was für Vermieter mit höheren Mieteinnahmen verbunden sein kann. Nur dann, wenn nach der Sanierung ein neues Gutachten erstellt wurde, wirkt sich die Sanierung tatsächlich auf die Abschreibung aus.
Abhängig von Art und Umfang der Sanierungsmaßnahmen könnte nach der Sanierung eine erneute steuerliche Bewertung erforderlich sein. Die Finanzverwaltung beanstandet aus Vereinfachungsgründen nicht, wenn auch die künftige AfA nach dem bisher genutzten Prozentsatz berechnet wird.