Behandlungspflicht – Sind Ärzte verpflichtet, jeden Menschen zu behandeln?
Wenn Sie einen Arzt aufsuchen, möchten Sie in erster Linie eine Diagnose und einen darauffolgenden Behandlungsplan. Sie gehen demnach mit dem Ziel hin, eine rasche Linderung Ihrer gesundheitlichen Probleme zu erreichen. Vermutlich haben Sie deshalb noch nie über den rechtlichen Aspekt zwischen Ihrem Arzt und sich selbst nachgedacht. Es sei denn, Sie wurden schon einmal von einer Praxis abgelehnt.
Falls Sie sich in dem Zusammenhang gefragt haben, ob das überhaupt erlaubt ist und ob ein Arzt einer Behandlungspflicht unterliegt, sind Sie hier genau richtig.
Sind Ärzte verpflichtet, jeden Menschen zu behandeln?
Diese Antwort überrascht Sie nun vielleicht: Nein, Ärzte sind grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, jeden Menschen zu behandeln.
Laut Medizinrecht kommt ein sogenannter Behandlungsvertrag nämlich nur dann zustande, wenn sowohl der Arzt als auch der Patient diesem zustimmen.
Einzige Ausnahme: Sie befinden sich gegenwärtig in einem kritischen/akuten Zustand. Sobald es sich nämlich um einen Notfall handelt, darf ein Arzt die Behandlung nicht verweigern.
Ein Behandlungsvertrag muss nicht schriftlich erfolgen
Die wenigsten Menschen wissen, dass Sie ständig einem Behandlungsvertrag zustimmen. Tatsächlich besteht ein solches Vertragsverhältnis aber immer dann, wenn Sie sich in ärztliche Behandlung begeben. Das schließt übrigens teilweise bereits die Beratung per Telefon mit ein.
Allerdings heißt es nicht, dass der Vertrag automatisch zustande kommen, sobald Sie die Praxis betreten. Klingt verwirrend?
Folgende Vorschriften gehen mit einem Behandlungsvertrag einher
Im Paragraph 630a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sind die Vorschriften festgelegt, die mit einem Behandlungsvertrag einhergehen. Im Wesentlichen ist daran festgeschrieben, dass ein Vertrag nur dann wirksam ist, wenn ein Patient die ärztliche Leistung in Anspruch nehmen möchte und der Arzt diese dem Patienten auch bewilligen will.
Einen Unterschied zwischen Privatpatienten und gesetzlich versicherten gibt es dabei nicht.
Innerhalb von Deutschland gilt nämlich die Vertragsfreiheit. Das bedeutet, dass beteiligte Menschen immer selbst entscheiden können, ob Sie einen Vertrag eingehen möchten oder eben nicht. Wie bereits erwähnt, besteht eine Pflicht jedoch im Fall eines Notfalls. Ein Notfall meint beispielsweise auch ein Szenario, indem sich das jeweilige Leiden plötzlich oder schnell verschlimmert.
In welchem Fall darf mich ein Arzt ablehnen?
Immer dann, wenn keine Notsituation vorliegt, darf Sie ein Arzt abweisen. Normalerweise muss dabei nicht mal eine Begründung erfolgen. Doch auch hier gibt es wieder eine Ausnahme: Handelt es sich um Kassenärzte, dürfen diese Sie nicht so einfach ablehnen. Das liegt daran, dass Kassenärzte sich verpflichtet haben, sich an der medizinischen Versorgung von gesetzlich versicherten Menschen zu beteiligen.
Auf Deutsch: Kassenärzte müssen sich normalerweise an eine Behandlungspflicht halten. Eine Ablehnung kann nur dann erfolgen, wenn es dafür triftige Gründe gibt.
Zu diesen Gründen gehören unter anderem:
- Überlastung des Arztes durch zu viele Patienten, sofern die Versorgung der bereits bestehenden Patienten dadurch beeinträchtigt wird
- Vertrauensveto: Sollten Sie Ihren Arzt früher einmal beleidigt haben oder dessen ärztliche Anweisungen ignorieren, kann der Arzt der Behandlungspflicht entgehen
- Die Behandlung, die Sie bräuchten, fällt nicht in das Fachgebiet des Arztes
- Sie möchten mit Methoden behandelt werden, die unwirtschaftlich sind
- Sie möchten einen Schwangerschaftsabbruch ohne medizinische Notwendigkeit
- Sie bestehen auf Sterbehilfe
- Nicht-Vorlegen der elektronischen Gesundheitskarte vor Behandlungsbeginn (Ausnahme: ein Notfall)
Handelt es sich bei Verweigerung der Behandlung um unterlassene Hilfeleistung?
Liegt keiner der oben genannten Gründe vor, dürfen Ärzte Patienten mit Schmerzen demnach nicht ablehnen. Sofern Ihnen dennoch die Behandlung verweigert wird, kann dies als Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung betrachtet werden.
Allerdings wird hierbei je nach Einzelfall entschieden. Nicht immer handelt es sich automatisch um unterlassene Hilfeleistung, wenn ein Arzt einen Patienten mit Schmerzen wegschickt. Daher gibt es kein „Ja“ oder „Nein“ bei der Beantwortung dieser Frage.