Corona-Krise: Wie gehen die Deutschen mit den Ängsten um?
Schüren Bundesbürger aufgrund der Corona-Krise besondere Ängste? Politologen zeigten sich von den Resultaten einer repräsentativen Umfrage überrascht, die mittlerweile die R+V Versicherung durchgeführt hat. Außer Befürchtungen um eine massive wirtschaftliche Talfahrt sehen Deutsche die Pandemie bezüglich ihrer Arbeitsplätze und Gesundheit eher gelassen.
Die Corona-Krise schürt bei Deutschen keine großen gesundheitlichen Sorgen
Wie Manfred Schmidt als Politikwissenschaftler von der Universität Heidelberg betont, wirken die Deutschen tatsächlich „erstaunlich sorglos oder cool“. Ein weiteres Ergebnis der Umfrage besagt, dass die meisten Befragten sogar mit dem durch Politiker initiierten Krisenmanagement relativ zufrieden sind.
Manfred Schmidt führt ähnliche Untersuchungen schon seit ungefähr 15 Jahren durch. Regelmäßig wendet er sich im Auftrag der Versicherung mit Untersuchungen an die Bundesbürger, um diese über ihre Ängste zu befragen. Diese Studien nutzen viele Wissenschaftler mittlerweile als „Seismograph“, um sich über Befindlichkeiten der Bevölkerung rund um Themen wie Familie, Gesundheit oder Umwelt zu informieren.
Hintergründe zur Umfrage
Eine Besonderheit dieser Untersuchung ist die Entwicklung damit verbundener Antworten im Wandel der Zeit. Denn die Fragen dieser Untersuchungen blieben im Laufe der Zeit stets unverändert. Nur gelegentlich wurden die Befragungen durch weitere Fragen – abhängig von Ereignissen der Zeitgeschichte – ergänzt. Diese Sonderthemen bezogen sich beispielsweise auf die Corona-Krise oder die Terrorangst. Das Infocenter der Versicherung stellte von Ende März bis Anfang April vier Fragen repräsentativ an mehr als 1.000 Menschen über das Internet. Diese Fragen lauteten wie folgt:
- Befürchten jetzt mehr Menschen eine Rezession?
- Steigt aufgrund der höheren Infektionsraten nun die Angst vor einer schweren Erkrankung?
- Wie beurteilen die Deutschen die Arbeit der Politiker?
- Wie groß ist die Angst vor dem Verlust des eigenen Jobs?
Wer nach dieser Befragung allerdings große Sorgen der deutschen Bevölkerung rund um die Erkrankung erwartet, wird eines Besseren belehrt. Im Vergleich zum Vorjahr erhöhte sich die Angst vor schweren Erkrankungen nur um moderate sechs Prozentpunkte von 35 auf 41 Prozent. Dieses Resultat ist rund um diese Frage der zweitniedrigste Wert seit 1992. Der niedrigste Wert wurde 2019 festgestellt. Laut Aussagen des Wissenschaftlers Schmidt ist diese Bewertung der Deutschen „sensationell“. In dieser Bewertung schwingt nach dessen Ansicht die „eigentümliche Vermutung mit, dass man selbst gesundheitlich gut über die Runden kommt und das Risiko irgendwo anders ist.“
In diesem Zusammenhang betont der Forscher außerdem, dass die Altersstruktur der Probanden bei dieser Umfrage auch eine ausschlaggebende Rolle spielen könnte. Schließlich ist das Risiko bei älteren Personen wesentlich höher. Doch diese Untersuchung schloss repräsentativ alle Altersgruppen ein. Dennoch gibt diese Umfrage zu verstehen, dass die Sorge rund um gesundheitliche Auswirkungen der Corona-Krise in allen Altersgruppen ungefähr gleich hoch ist. Dementsprechend gehen jüngere Personen auch nicht sorgloser mit der Situation um als ältere.
Sorgen um eine drohende Rezession
Im Gegensatz zu Sorgen rund um die eigene Gesundheit haben sich Befürchtungen um eine wirtschaftliche Krise deutlich erhöht. Dieser Anteil an besorgten Befragten erhöhte sich von 23 Prozent aus dem Vorjahr um bis zu 58 Prozent. Dieses Umfrageergebnis rund um die wirtschaftliche Talfahrt ist der höchste Wert seit der Eurokrise, die sich vor zehn Jahren vollzog. Allerdings lag dieser Anteil damals mit 67 Prozent noch wesentlich höher.
Allerdings kommt dieser Wert laut Schmidt eigentlich auch wenig überraschend. Schließlich liegt es auf der Hand, dass die Corona-Krise in einen Wirtschaftseinbruch münden wird. Dabei ist auch nicht auszuschließen, dass die nachfolgende Krise der Wirtschaft noch drastischer als die von 2008 und 2009 sein wird.
Sind Deutsche um eine drohende Arbeitslosigkeit besorgt?
Im Gegensatz zu den wirtschaftlichen Ängsten sind Deutsche um ihren eigenen Arbeitsplatz wiederum weniger besorgt. Mit einem Anteil von 24 Prozent fürchtet noch nicht einmal ein Viertel aller Befragten um den eigenen Arbeitsplatz. Damit ist dieser Wert im Vergleich zum Vorjahr konstant und außerdem geringer als in den letzten 30 Jahren. Diese Einstellung der befragten Bundesbürger könnte darauf zurückzuführen sein, dass Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung wie Kurzarbeitergeld großen Anklang finden. Derartige Initiativen stuft ein Großteil der Bevölkerung als positiv ein. Somit entstehe ein beruhigendes Gefühl.
Außerdem kommt hinzu, dass von einer drohenden Arbeitslosigkeit bei Weitem nicht alle Bevölkerungsgruppen betroffen sein könnten. Ganz im Gegenteil: Im öffentlichen Bereich oder dem Gesundheitswesen tritt eher ein erhöhter Bedarf an Arbeitskräften ein. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass diese Werte auch unterschätzt werden könnten. Bei der Umfrage stellte sich außerdem heraus, dass insbesondere jüngere Personen um ihre Arbeitsplätze besorgt sind. Besonders hoch war der Anteil Betroffener bei Probanden, die jünger als 30 Jahre sind. Bei dieser Personengruppe belief sich der Wert auf 36 Prozent.
Eine gute Bewertung der Politiker
Bei der Bewertung der Politik lassen Deutsche in aller Regel sehr viel Skepsis walten. Laut Umfrageresultaten der vergangenen zehn Jahre hielten ungefähr die Hälfte aller Befragten Politiker generell für überfordert. Diese Werte erhöhten sich noch einmal zusätzlich während der Finanzkrise im Jahr 2010 sowie der Flüchtlingskrise im Jahr 2016. Im Gegensatz dazu fiel das Urteil der Deutschen während der Corona-Krise vergleichsweise mild aus. Mit einem Anteil von „nur“ 46 Prozent aller unzufriedenen Befragten ist dieses Umfrageergebnis einer der geringsten Werte der letzten zehn Jahre.