Erbbaurecht – Was geschieht nach dem Ende der Pacht?
Für gewöhnlich dauert das Erbbaurecht fast 100 Jahre an. Ein langer Zeitraum, ohne Frage. Allerdings ist es aus finanziellen Gründen empfehlenswert, sich so zeitig wie möglich damit auseinanderzusetzen, welche Regelungen nach dem Auslaufen des Vertrags getroffen werden.
Vorteile des Erbbaurechts
Wer sich den Traum von der eigenen Immobilie verwirklichen und dennoch bares Geld sparen möchte, entscheidet sich häufig für das Erbbaurecht.
Hohe Investitionskosten für den Erwerb eines Grundstücks reduzieren sich auf ein Minimum. Stattdessen wird die Grundstücksfläche durch einen Erbbaurechtsvertrag gepachtet. Doch was geschieht, wenn die Vereinbarung ausläuft?
Der Erbbauzins als finanzielle Gegenleistung
Stiftungen, Kommunen oder Kirchen sind klassische Einrichtungen, die Bauland zur Pacht zur Verfügung stellen. Als Gegenleistung erhalten die Kommunen und Vereinigungen den Erbbauzins. Dieser Zins beläuft sich gemäß einer Studie der Immobilienberatungsgesellschaft JLL auf 3,7 Prozent des derzeitigen Grundstückswerts.
Insbesondere in Ballungszentren mit hohen Grundstückspreisen ist es üblich, dass Kommunen diese Erbbaurechte erteilen.
Dadurch erhalten vor allem Familien die Möglichkeit, ein eigenes Haus zu bauen. In Großstädten wie Hamburg, Berlin oder Frankfurt wurde dieses Erbbaurecht über 400-mal pro Stadt erteilt. Ein Großteil der mit dem Erbbaurecht verbundenen Grundstücke wird zum Wohnen genutzt.
Fristsetzungen auf 99 Jahre
Im Regelfall wird die Inanspruchnahme des Grund und Bodens auf jeweils 99 Jahre festgeschrieben. Anschließend erlischt der rechtliche Anspruch. Das Gelände geht anschließend wieder in den Besitz des Eigentümers zurück. Größere Ankündigungen? Fehlanzeige! Wer trotz Erbbaurecht ein Haus auf dem Grundstück erbaut, muss dementsprechend mit den Konsequenzen leben.
Nach Ablauf des Anspruchs werden die eigentlichen Grundstückseigentümer ebenfalls Eigentümer der Immobilie. Diese Regelung entspricht dem Gesetz. Zudem wird ein entsprechender Vermerk im Grundbuch eingetragen. Deshalb sollten Immobilieninteressenten die Entscheidung für oder gegen ein Grundstück mit Erbbaurecht genau durchdenken. Die Folgen liegen auf der Hand: Nach Ablauf der Frist können die Hausbesitzer die Immobilie nicht mehr verkaufen. Schlimmstenfalls sind Mieter gezwungen, die gewohnten vier Wände zu verlassen.
Auf Verlängerungen der Fristen einigen
Um diese Konsequenz zu umgehen, empfiehlt es sich, sich mit den Erbbaurechtsgebern so zeitig wie möglich auf eine Verlängerung zu einigen. Immobilienexperten raten an, spätestens zwei Jahre vor Vertragsende das Gespräch mit der jeweiligen Stiftung, Kirche oder Kommune zu suchen. Bei einigen Institutionen ist es sogar üblich, dass sich die Vereinigungen von ganz allein einige Jahre im Voraus bei der anderen Erbbaurechts-Partei melden. Somit wird den Hausbesitzern genügend Zeit eingeräumt, um die weitere Vorgehensweise in Ruhe abzuklären.
Im Falle einer Verlängerung müssen sich alle Betroffenen nicht nur auf eine Vertragslaufzeit einigen.
Zugleich ist es wichtig, den durch den Nutzer zu begleichenden Zinssatz festzulegen. Die Höhe dieses Zinssatzes orientiert sich am jeweiligen Bodenrichtwert. Je höher der Bodenrichtwert ist, desto höher ist auch der Zinssatz. In diesem Fall müssen Erbbaurechtsnehmer eine massive finanzielle Mehrbelastung in Kauf nehmen.
Der Erbbauzins passt sich dem Bodenrichtwert an
Diese erhöhte finanzielle Belastung bezieht sich in erster Linie auf Personen, die ein Eigenheim bereits seit mehreren Generationen bewohnen oder das Hab und Gut geerbt haben.
Bei diesem Bauland belaufen sich die Ausgangszinsen häufig auf ein Minimum. Wer aktuell noch immer von den Vorteilen eines Erbbaurecht-Grundstücks mit stabilem Zins profitieren möchte, sollte nach Bauland in ländlichen Gebieten mit stagnierenden bzw. geringen Bodenwerten Ausschau halten.
Kredite für Renovierungen so zeitig wie möglich aufnehmen
Werden die Verträge frühzeitig verlängert, ist es im Nachhinein einfacher, bei Bedarf Kredite für eine Renovierung des Hauses zu erhalten.
Bei einigen Kreditinstituten ist es sogar üblich, dass die Banken die Darlehen bis zu zehn Jahre vor Beendigung des Erbbaurechts schon nicht mehr bewilligen.
In diesem Zeitraum sollten entsprechende Kredite schließlich abgetragen werden. Soll sich die Investition lohnen, sollten Darlehen über 60.000 Euro ungefähr 20 Jahre vor dem Ablauf Erbbauvertrags aufgenommen werden. Bei diesen Kreditsummen sind die Außenstände bis zur Beendigung des Erbbauvertrags abbezahlt. Zudem kann die Immobilie innerhalb der Zeit abgewohnt werden.
Den Wert der Objekte steigern
Diese Zeitempfehlungen sollten Eigentümer ebenfalls bei einem geplanten Verkauf ihrer Immobilien berücksichtigen. Generell gilt: Je kürzer die Laufzeit des Erbbaurechts ist, desto wertloser ist das darauf befindliche Haus.
Neben den zu erwartenden schlechteren Kreditkonditionen des Bankinstituts müssen sich die Immobilienbesitzer mit der Unsicherheit auseinandersetzen, wie die Bedingungen um den Erbbauvertrag zukünftig geregelt werden sollen. Diese Ungewissheit verringert aus Verkäuferperspektive den Preis. Wer das vermeiden möchte, sollte die Vereinbarung über das Erbbaurecht zuerst verlängern und das Objekt danach verkaufen.
Entschädigungen als Investition in die Miete?
Nach Beendigung des Vertrags erhalten die Immobilienbesitzer eine Entschädigung. Gesetzlich hat die entsprechende Partei einen Anspruch von mindestens zwei Dritteln des Verkehrswerts. Dieser finanzielle Ausgleich bedeutet die für meisten Besitzer höchstwahrscheinlich einen vergleichsweise hohen finanziellen Verlust.
Nur in seltenen Fällen decken die Verträge einen Ausgleich von 100 Prozent ab. Diese Umstände sollten Nutzer unbedingt beim Abschluss des Erbbaurechtsvertrags berücksichtigen, um das Risiko zu hoher finanzieller Einbußen zu minimieren. Diese Vereinbarung regelt außerdem, inwiefern die Hausbesitzer überhaupt auf eine Verlängerung bestehen können. Können Nutzer den höheren Erbbaupachtzins nicht bezahlen, dürfen diese als Mietpartei in dem Haus verweilen. In diesem Fall werden die Wohnobjekte zu marktüblichen Konditionen vermietet. Diese finanziellen Aufwendungen könnten eventuell über die gezahlte Entschädigung finanziert werden. Dennoch müssen sich die einstigen Hausbesitzer auch mit dieser Lösung einverstanden erklären.