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Fundort Großvargula – Neues Grabfeld entdeckt

Fundort Großvargula - Neues Grabfeld entdeckt
Fundort Großvargula - Neues Grabfeld entdeckt

Erst kürzlich stießen Archäologen im Unstrut-Hainich-Kreis auf einen Fund, der die Thüringer Geschichtsschreibung von einer völlig neuen Seite betrachten lässt. Das frühmittelalterliche Grabfeld regt Historiker dazu an, bislang gewonnene Forschungsergebnisse zu relativieren. Der Grabungsleiter Christian Tannhäuser ist als Mitarbeiter für das Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie tätig.

Vor einigen Tagen präsentierte das Amt erste Artefakte und Erkenntnisse, die mit dem frühmittelalterlichen Grabfeld bei Großvargula in Verbindung stehen.

Die Grabstätte einer dörflichen Siedlung

Wie Tannhäuser betonte, ist die Anlage vermutlich auf das 7. Jahrhundert n. Chr. – die Merowingerzeit – datiert. Historiker vermuten, auf die Bestattungsstätte einer landwirtschaftlich dominierten und dörflichen Siedlung gestoßen zu sein.

Die Grabbeigaben lassen darauf schließen, dass zwischen bestatteten Personen deutliche soziale Unterschiede herrschten. Vier der ingesamt 40 Gräber seien besonders reich verziert und ausgestattet gewesen.

Neue historische Erkenntnisse

Bislang vertraten die Historiker um Tannhäuser die Ansicht, dass aus dem fränkischen Reich stammender Adel die Thüringer nach der Schlacht an der Unstrut im Jahre 531 verdrängte. Allerdings weisen diese Funde darauf hin, dass sich einige einstige Bewohner vermutlich durchaus den Bedingungen der neuen Herren anpassten.

Gräber von drei Männern wiesen komplette Waffenausrüstungen auf. Unter diesen Ausrüstungen befanden sich Schilder, Lanzen und Langschwerte.

Zusätzlich war eine Frauenbestattung mit übermäßig viel Schmuck verziert. Die verbleibenden Gräber gelten als Fundorte von Alltagsgegenständen wie Messern, Trinkgefäßen oder Kämmen. Darüber hinaus brachten die Fundorte Knochen von Rindern, Ziegen oder Schafen zu Tage.

Ein guter Schutz vor äußeren Einwirkungen

Weiterhin kamen die Archäologen zu dem Schluss, dass in den rund 40 Grabanlagen etwa 60 Leichen bestattet wurden. Jedoch sprechen keine geologischen oder räumlichen Gründe dafür, die Gräber im Nachhinein erneut zu öffnen und weitere Tote darin zu bestatten. Möglicherweise fanden in diesen Gräbern allerdings Familienverbände ihre letzte Ruhe.

Die Funde einschließlich aller Metallbeigaben sowie Skelette befinden sich dank des kalkhaltigen Bodens in einem relativ guten Zustand. Da sich die Gräber außerdem relativ weit unter der Erdoberfläche befinden, sind die Ruhestätten vor landwirtschaftlichen Einwirkungen geschützt. Dennoch ist es eine große Herausforderung, die gefundenen Objekte zu restaurieren.

Eine große Überraschung

Im vergangenen Jahr begann das Landesamt mit den Ausgrabungen, die zeitnah beendet werden sollen. Aktuell ist eine Wasserleitung geplant, die durch den Acker verlegt wird. Die Spezialisten vom Landesamt wollten die Fläche allerdings unbedingt vor Baubeginn überprüfen. Schließlich war den Experten zu Ohren gekommen, dass sich im direkten Umfeld Gräberfelder aus der römischen Kaiserzeit aus dem 2. und 3. Jahrhundert befanden.

Der Fund des großen Gräberfelds war für die Wissenschaftler dennoch eine große Überraschung. Doch Tannhäuser scheint ein glückliches Händchen für Ausgrabungen zu haben. Vor einigen Jahren stieß der Grabungsleiter schon auf ein größeres Gräberfeld von Boilstädt nahe Gotha.