Was ist ein Shitstorm?
„Söldner“, „Du warst mein absoluter Lieblingsspieler aus der ganzen Welt und jetzt empfinde ich nichts mehr außer Verachtung und Wut wenn ich deinen Namen höre!!“, „Wie kannst du dem Verein und der Stadt Dortmund das nur antun?“, „Geld!“, „Verräter“ – mehr als 2700 Kommentare in nur zwei Stunden.
Wie schnell der sogenannte Shitstorm über einen Menschen hereinbrechen kann, konnte im April 2013 auf der Facebook-Seite des Fußballspielers Mario Götze beobachtet werden. Wenige Minuten, nachdem bekannt wurde, dass der Spieler von Borussia Dortmund zum FC Bayern München wechselt, fanden online zahlreiche Posts mit diversen Hassbotschaften, Drohungen und Anfeindungen den Weg auf seine Fan-Seite.
Shitstorm – eine Definition
Mit einem Shitstorm ist eine kurze Phase gemeint, in welcher ein Unternehmen, eine Einzelperson, Vereine, Behörden, Prominente, Künstler, Sportler oder Politiker eine Vielzahl von negativen Kommentaren ausgesetzt sind. Das alles passiert auf Grundlage bestimmter Taten oder Äußeren, die einer relativ großen Menschenmenge im Internet scheinbar nicht gefallen. Neben der Hasskommentare kann sich ein Shitstorm auch durch viele Dislikes z.B. auf YouTube-Videos äußern.
Shitstorms finden ausschließlich in sozialen Medien statt – am häufigsten auf Instagram, Facebook, Twitter und in Blogs.
Wenn sich ein Shitstorm gegen Prominente oder Privatpersonen richtet, überschneidet sich das Phänomen mit Cyber-Mobbing (Belästigung, Nötigung, Diffarmierung). Hierzulande kann sowas übrigens strafbar sein, denn Äußerungen, die zum Hass anregen fallen unter das Äußerungsdelikt Volksverhetzung. Ebenso kann der Tatbestand der strafbaren Beleidigung, Verleumdung oder üblen Nachrede erfüllt sein.
Wie der Stein ins Rollen kommt
Zunächst beginnt ein Shitstorm mit einer Ursache – ein auslösendes Ereignis. Das können von Missverständnissen, kontroversen Aktivitäten, enttäuschten Erwartungen bis hin zu Kommunikationsfehlern oder Verstöße gegen Wertesysteme alles sein.
Normalerweise beginnt ein Shitstorm dann durch eine geäußerte Empörung einer einzelnen Person oder einiger weniger Personen. Aufgrund dessen schließen sich dann immer mehr Menschen mit eigenen Beiträgen bzw. Kommentaren den bereits vorhandenen Einträgen an. Innerhalb kürzester Zeit, oft nur wenige Stunden oder Tage, überträgt sich die Entrüstung auf immer mehr Teilnehmer, sodass die Beschimpfungen letztendlich wie eine große Lawine auf die Zielperson(en) zurollt.
Der Verlauf des Shitstorms hält sich an das Motto „Es muss erst schlimmer werden, bevor es besser werden kann.“ Die Beleidigungen und Kränkungen werden im Laufe der Zeit immer schlimmer, unsachlicher und hasserfüllter. Bis die Kritikwelle irgendwann aufhört. Eine große Rolle bei der Entwicklung eines Shitstorms nimmt übernimmt auch die massenmediale Berichterstattung. Ohne diese würden negative Kommentare nur auf sozialen Netzwerken zu finden sein und sich eventuell nicht so stetig und schnell weiterverbreiten.
Woher kommt der Begriff „Shitstorm“?
Mit dem Begriff Shitstorm ist in der deutschen Sprache eine Empörungswelle (auch Hasslawine) gemeint. Der englische Begriff erweitert die Bedeutung von „shit storm“.
Es handelt sich im englischen Sprachraum um eine „unkontrollierbare, unangenehme Situation“ und bezieht sich nicht nur auf eine Welle der Empörung im Internet.
Der englische Begriff ist hierzulande nach wie vor dominant, obwohl die Gesellschaft für deutsche Sprache zeitweilig versuchte, den Ausdruck „Netzhetze“ zu etablieren. Die Bezeichnung „Shitstorm“ wurde bekannt, als Internetexperte Sascha Lobo im Jahr 2010 auf der Berliner Blogger-Konferenz einen Vortrag hielt. Nach „How to survive a shitstorm“, wie die Präsentation hieß, war der Begriff in aller Munde. Bei diesem Vortrag ging es um den Shitstorm gegen seine eigene Person vom Jahr 2009.
Der „erste“ Shitstorm
Der Autor und Journalist Sascha Lobo setzte sich öffentlich gegen ein von der Politik geplantes Gesetz ein, welches Netzsperren erleichtern sollte. Durch dieses Gesetz sollten staatliche Behörden bestimmte Internetseiten schnell unzugänglich machen können. Gegner (wie Sascha Lobo) wollten das verhindern, denn sie befanden dieses Gesetzt als undemokratisch und befürchteten, dass der Staat auf diese Weise Einfluss auf die freie Meinungsäußerung nehmen würde.
Vodafone gehörte zu den Unterstützern des Vorhabens und Sascha Lobo hatte einen Werbevertrag mit Vodafone (2009). Im Zuge dessen startete eine Empörungswelle – der „erste“ Shitstorm, der diesen Titel hatte.
Reagieren, Bedauern, Negative Äußerungen nicht löschen
Shitstorms wird es immer wieder geben, denn Menschen werden immer etwas tun, was anderen Menschen sauer aufstößt. Außerdem wird es auch immer Personen geben, die Fehler machen. Wenn es soweit ist und ein Shitstorm nicht mehr aufzuhalten scheint, können Einzelpersonen und Unternehmen einige Tipps im Umgang mit dieser Phase helfen.
- Reagieren: Eine Reaktion auf das Problem kann schon helfen. Besser angehen und Farbe bekennen, als das Problem totzuschweigen
- Bedauern: Eine Entschuldung hat noch keinem geschadet Negative
- Äußerungen nicht löschen: Negative Kritik einfach zu löschen, wird bei niemandem gut ankommen. Dadurch wirken die Leute, als hätten sie etwas zu verbergen und geben dem Shitstorm zusätzlichen Zündstoff
Anonymität im Netz macht es möglich
Dieses Massenphänomen kommt nur dadurch zu Stande, weil im Netz eine gewisse Anonymität herrscht. Hinter einem Bildschirm fühlen sich die meisten Nutzer sozialer Netzwerke sicher, denn sie müssen auf keine direkte Konfrontation eingehen und brauchen auch nicht viel Mut dafür. Dieser Umstand verleitet viele Menschen dazu, Dinge zu schreiben, die sie im wahren Leben niemals aussprechen würden – und schon gar nicht direkt ins Gesicht.
Aggressive, vulgäre und menschenverachtende Kommentare unterliegen online sozusagen einem Hemmungseffekt. Das heißt, Äußerungen im Netz werden als risikolos betrachtet.