Umfrage-Hoch für die Grünen – Wie würde sich Deutschland verändern?
Aktuell schwimmen die Grünen auf einer Erfolgswelle. Mehreren Umfragen zur Wahlpräferenz zufolge erreicht die Partei rund 26 Prozent aller Wählerstimmen für die bevorstehende Bundestagswahl. Dem Forsa-Institut zufolge beläuft sich der Anteil sogar auf 28 Prozent. Diese Zahlen unterstreichen nicht nur ein historisches Hoch der Grünen.
Zugleich hat die Partei damit die Union überholt und sicherte sich in vielen Umfragen Rang 1 – rund vier Monate vor der Bundestagswahl.
Die Grünen: Eine Partei mit 40-jähriger Geschichte
Könnten die Umfrageresultate bereits als Wahlergebnisse betrachtet werden, würden die Grünen ungefähr 40 Jahre nach ihrer Gründung erstmals die Bundestagswahl gewinnen.
Sogar bei Erhebungen für eine Direktwahl lässt Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock die Konkurrenten Olaf Scholz von der SPD sowie Armin Laschet von der CDU hinter sich.
Unter dem Motto „Alles ist drin“ stellten die Grünen vor einigen Wochen ihren Wahlprogrammentwurf vor. Fände eine erfolgreiche Suche nach einem potentiellen Koalitionspartner statt, wäre Parteichefin Baerbock mit 40 Jahren nicht nur die jüngste Bundeskanzlerin der deutschen Geschichte, sondern zugleich ebenfalls die erste Grüne.
Kritische Stimmen seitens der Union
In den Augen der Union als wichtigstem Hauptkonkurrenten würde ein Wahlsieg der Grünen automatisch zum Aufbau einer „linken Republik“ führen. Vertreter der CDU betonen, dass ein Wahlsieg der Partei zwangsläufig die Basis zum „Aufbau von Straßensperren und Bremsklötzen im gesamten Land“ legen würde.
Der Standpunkt der Grünen klingt einerseits beschwichtigend und andererseits etwas radikaler. So betonte Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock erst kürzlich, „nicht alles verändern zu wollen“. Dieser Meinung stimmte ebenfalls Co-Parteichef Robert Habeck zu, der keine Wechsel für die „Grundpfeiler der Republik“ sehe. Auch diesem Politiker ist es wichtig, dass die Mitgliedschaft in der Nato bestehen bleibt und Deutschland auch zukünftig als Industrienation weiter existiere.
Ein Wandel von sozialer zu sozialökologischer Marktwirtschaft
Es sei eine Spitze gegen die Linkspartei, die ebenfalls ihre Spitzenkandidaten vorstellt. Allerdings harmonieren Nato, Schwerindustrie und die Grünen nicht zwangsläufig. Bei anderen Auftritten äußerte sich die Politikerin hingegen drastischer. Ihren Aussagen zufolge habe Deutschland nur nach dem Zweiten Weltkrieg und nach der Wiedervereinigung einen drastischen Umbruch erlebt.
Inzwischen sei das Land jedoch an einer Art Weggabelung angelangt, die dem Land zu mehr Klimaneutralität verhelfen soll.
Deshalb sei nach Baerbocks Meinung eine Systemänderung sinnvoll, um die soziale in eine sozialökologische Marktwirtschaft umzuwandeln. Diese Ankündigung klingt zwar revolutionär, aber auch nur wenig durchführbar. Einerseits steht Klimapolitik zwar im Fokus der Handlungsweise der Grünen. Dennoch ist es den Vertretern der Partei wichtig, auf soziale Gerechtigkeit zu achten und die Belange aller Bevölkerungsgruppen zu berücksichtigen.
Droht ein Verbot von Autos?
Zur Realisierung des Klimaplans der Grünen müssten viele Mechanismen ineinandergreifen. Neben steigenden CO2-Preisen müsste der Verkehr anderweitig organisiert und erneuerbare Energien ausgebaut werden. Dennoch betont Baerbock, dass Deutschlands Bürger nicht zwangsläufig mit höheren Kosten oder gar mit einem Autoverbot rechnen müssen. Schließlich wisse die Politikerin selbst, dass ein Auto bei schlecht funktionierendem Nahverkehr schlichtweg unersetzlich ist.
Das bedeutet, dass Autos zwar nicht von unseren Straßen verschwinden. Allerdings möchte die 40-jährige ab 2030 keine Neuwagen mit Dieseltriebwerken mehr zulassen. Zur Umsetzung dieser Pläne wünschen sich die Grünen staatliche Unterstützungsprogramme.
Eine deutliche Zunahme an Windrädern
Zudem gehen die Grünen von staatlichen Unterstützungen von Umbaumaßnahmen für die Stahl- und Zementindustrie aus.
Die Grünen setzen jedoch voraus, dass Unternehmen kooperieren und sich durch klimaneutrale Produkte einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten möchten.
Zudem dürften sich Deutsche auf einen zunehmenden Anteil an Windrädern einstellen, indem Grüne Abstandsregelungen zu Siedlungen abschwächen würden. Diese Pläne würden vermutlich auf viel Verständnis stoßen, da das CSU-regierte Bayern diese Maßnahme ebenfalls begrüßen würde. Verbraucher müssten sich aufgrund höherer CO2-Preise zugleich auf höhere Heizkosten einstellen. Für einen finanziellen Ausgleich ist jedoch ein staatliches Energiegeld geplant. Während für Autobahnen von einem Geschwindigkeitslimit von 130 km/h die Rede ist, wird auf neue Handys eine Art Pfand berechnet.
Eine geplante Erhöhung des Mindestlohns
Zusätzlich ist eine Art Superministerium aus Verkehr, Umwelt und Wirtschaft vorstellbar. Ein möglicher Vertreter für einen Posten als Minister ist Anton Hofreiter als Fraktionsvorsitzender der Grünen. Die Grünen betonen, in diesem Zusammenhang bereits viele Kontakte zu Vertretern aus der Wirtschaft geknüpft zu haben. Dennoch ist Skepsis durchaus angebracht.
Außerdem bestätigen die Grünen, das Hartz IV-Konzept nicht weiterhin fortsetzen zu wollen. Eine sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen erscheint ebenfalls realistisch. Zudem sind die Grünen nur eine von mehreren Parteien, die eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde vorsehen.
Höhere Steuerabgaben für Gutverdiener
Gutverdiener müssten mit höheren Steuerabgaben rechnen. Die erhöhten Steuersätze gelten für ein Jahreseinkommen ab 100.000 bzw. 250.000 Euro. Zudem ist sogar von einer Vermögenssteuer die Rede.
Ein möglicher Finanzminister müsste sich für eine Finanzierung milliardenschwerer Investitionsprogramme möglicherweise mit einem Umbau der Schuldenbremse vertraut machen.
Da diese im Grundgesetz verankert ist, müssten Bundesländer zwangsläufig zustimmen. Jedoch gab die Union bereits zu verstehen, sich drastisch gegen diesen Schritt zu entscheiden.
Eine modifizierte Mietpreisbremse
Den Wünschen der Grünen Jugend entsprechend spricht sich die Partei ebenfalls für eine verschärfte Mietpreisbremse aus. Dadurch würde sich der Anstieg von Mieten verlangsamen. Abschiebungen werden auch bei einer Regierung durch die Grünen stattfinden.
Doch Ländern und Städten stünde es frei, in Eigenregie Flüchtlinge aufzunehmen. Zudem plant Baerbock strengere Maßnahmen im Umgang mit Russland-Politik. Indem die Politikerin einen Ausbau der Gaspipeline Nord Stream 2 stoppt, würde Baerbock dem Kurs der EU und USA folgen. Außerdem spricht sich Baerbock für einen zielgerichteten Einsatz von Geldern fürs Militär aus.
Realisierte Maßnahmen: Die Koalition entscheidet
Welche Ziele die Grünen im Falle eines Gewinn der Bundestagswahlen tatsächlich realisieren können, hängt vermutlich ebenfalls maßgeblich vom Verhandlungsgeschick und den jeweiligen Koalitionspartnern ab.
Zugleich dürfte die Finanzierbarkeit der Projekte eine nicht unerhebliche Rolle spielen. Während eine Kooperation mit der CDU vor allem zu Problemen im Umgang mit der Finanzpolitik führen könnten, würden klimatische Ziele möglicherweise nur begrenzt in Zusammenarbeit mit der SPD oder FDP erreicht werden.