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2021 bringt nicht mehr, sondern weniger Babys

2021 bringt nicht mehr, sondern weniger Babys
2021 bringt nicht mehr, sondern weniger Babys

Das Jahr 2020 war vor allem von einer Schlagzeile geprägt: Die Corona-Pandemie. Aufgrund der neuen Situation mussten sich viele Menschen einschränken, auf neue Lebensumstände einstellen und neue Wege gehen. Gerade in der Anfangszeit von Corona rückten die Menschen eng zusammen. Jeder verbrachte mehr Zeit zu Hause und hatte dementsprechend mehr Zeit für Zweisamkeit.
Führt dieser Umstand jedoch zwangsläufig zu mehr Schwangerschaften und damit zu mehr Geburten in diesem Jahr?

Was dafür spricht, dass es 2021 einen Babyboom gibt

Zugegeben, das wäre immerhin eine schöne Nebenwirkung der Pandemie. Es gibt neben dem „Zusammenhalten“ noch andere Anhaltspunkte, die diese Vermutung rechtfertigen: In den vergangenen Jahren gab es nach Krisen häufig einen Anstieg der Geburtenraten. Ob sich dieses Phänomen in diesem Jahr wiederholt, ist fraglich. Die Geburtenzahlen für das Jahr 2020 geben keinen Aufschluss darüber, ob es 2021 mehr Babys gibt.

Schwangerschaften werden in Deutschland außerdem nicht von einer Statistik erfasst, wie es in manchen anderen Ländern üblich ist.

Lockdown Eins begann im März 2020. Das bedeutet, dass Babys, die zu dieser Zeit gezeugt wurden, bereits im Dezember 2020 zur Welt gekommen sein müssen. Absolute Gewissheit bringt demnach nur Geduld. Tendenzen können wir aufgrund von einigen Kenngrößen dennoch erschließen.

Anstieg der Geburtenraten nach Krisen
In den vergangenen Jahren gab es nach Krisen häufig einen Anstieg der Geburtenraten

Prognosen für das Jahr 2021

Obgleich von offizieller Seite keine Strichliste über Schwangerschaften geführt wird, existieren Listen bei den Gynäkologen Deutschlands. Die Frauenärzte rechnen am Ende eines jeden Quartals erbrachte Leistungen und Behandlungen der Frauen in ihrer Praxis mit den Kassenärztlichen Vereinigungen ab. Laut diesen Abrechnungen ist von einem Babyboom nichts zu sehen. Laut einer Auszählung von mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen des Landes wurden in keinem Bundesland mehr Schwangerschaften als üblich registriert. Die Pandemie ließ die Zahl der Schwangeren wieder erwartend nicht in die Höhe schnellen.

Tatsächlich ist eher das Gegenteil der Fall: In vielen Bundesländern wurden deutlich weniger Schwangere behandelt als noch im vorletztem Jahr. Baden-Württemberg zum Beispiel verzeichnete im Jahr 2019 in einem Zeitraum von drei Monaten 106.000 Schwangere, während es im Jahr 2020 nur noch 97.000 Schwangere waren. In NRW, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Niedersachsen und Hessen lassen sich ähnliche Trends beobachten. In Bayern blieb die Zahl konstant, stieg aber auch nicht an. Da die Zahl der Behandlungen und Arztbesuche durch die Angst vor Corona generell zurückgegangen ist, darf in die Auszählungen jedoch nicht zu viel interpretiert werden. Es könnte demnach mehr Schwangerschaften geben als bisher angenommen.

Weniger Schwangere behandelt
In vielen Bundesländern wurden deutlich weniger Schwangere behandelt als noch im vorletztem Jahr

Warum wir dennoch keinen Babyboom im Jahr 2021 erwarten sollten

Die Fachleute rechnen trotzdem eher mit einem Rückgang, statt einem Anstieg der Geburtenzahlen. Laut Erfahrungsberichten der Frauenarzt-Praxen entstehen 90 Prozent aller Schwangerschaften in Deutschland geplant.

Daraus lässt sich schließen, dass ein Anstieg der Geburtenzahlen nur zu erwarten wären, wenn mit der vermehrten Zweisamkeit im Jahr 2020 auch ein vermehrter Kinderwunsch bestand.

Waren Pärchen im Lockdown sexuell aktiver, weil sie sich häufiger gesehen haben, mehr Zeit zusammen verbrachten oder einfach aus Langeweile, heißt das nicht zwangsläufig, dass mehr Babys auf dem Weg sind. Dafür hätten die Pärchen in dieser Phase auch einen häufigeren Kinderwunsch haben müssen. Was aber in vielen Fällen nicht der Wahrheit entspricht.

Dafür spräche zum Beispiel, dass sich die Familien in Corona-Zeiten neu erfinden mussten. Paare hatten mehr Zeit für- und miteinander und die wachsende Vertrautheit könnte zu einem intensiveren Kinderwunsch führen. Auf der anderen Seite steht das komplette Gegenteil: Gerade die Zeit der Pandemie wird häufig durch Sorgen gesundheitlicher und ökonomischer Art überschattet. Im Vordergrund stehen Existenzängste und überwiegende Bedenken – Gift für einen Kinderwunsch. Die Frage ist, welcher Mechanismus der Menschen am Ende gewinnt bzw. gewonnen hat.

Demographen erwarten, dass der negative Effekt zunächst überwiegt

Laut Demographen geht man in Industrieländern wie Deutschland davon aus, dass zunächst der negative Effekt im Vordergrund steht. Das hieße, dass es zu keinem Babyboom, sondern eher zu einem Babyknick kommen wird. Der Grund dafür ist, dass die Unsicherheit aktuell so groß ist, dass viele Paare den Kinderwunsch erstmal in die ferne Zukunft rücken und sich auf wichtigere Sachen konzentrieren bzw. die Prioritäten verlagern.

Länder, die offiziell alle Schwangerschaften statistisch erfassen, können diesen Knick schon sehen. Zu diesen Ländern gehört zum Beispiel Japan. In Japan ist deutlich zu erkennen, dass es in den Monaten Mai bis Juli 11,4 Prozent weniger Schwangere gab als noch im Vorjahr zur gleichen Zeit.

In Entwicklungsländern sieht die Sache jedoch anders aus. Teilweise ist dort der Zugang zu Verhütungsmitteln durch die Pandemie sehr stark eingeschränkt. Ärmere Regionen dürften demnach in diesem Jahr einen Geburtenanstieg erwarten. Vermutlich wird es in Industrieländern erst „nach der Pandemie“ bzw. wenn Corona weitestgehend unter Kontrolle ist doch noch zu einem Babyboom kommen.