Bundeskriminalamt: In Deutschland werden rund 1.800 Kinder vermisst
Aktuell gelten in Deutschland mehr als 1.800 Kinder als vermisst. Anfang Mai belief sich die Zahl aller vermissten Männer, Frauen und Kinder auf ungefähr 10.800 Personen. Diese Information teilte das Bundeskriminalamt – das BKA – auf Anfrage der Deutschen Presseagentur in Wiesbaden mit.
Rund die Hälfte aller Vermisstenfälle klärt sich während der ersten Woche auf
Diese Fallzahl schließt ebenfalls Vermisstenfälle ein, bei denen das Bundeskriminalamt Fahndungen aus dem Ausland mit einband. Wie Experten betonen, erledigen sich ungefähr 50 Prozent aller Vermisstenfälle innerhalb der ersten sieben Tage von allein. Der Anteil von länger als einem Jahr vermissten Personen beträgt ungefähr drei Prozent.
Laut Aussagen des Bundeskriminalamts beläuft sich die Aufklärungsquote für vermisste Kinder deutschlandweit deutlich über 90 Prozent.
Kann ein Fall hingegen nicht aufgeklärt werden, dauert die Personenfahndung bis zu 30 Jahren an.
Nur ein Prozent aller verschwundener Kinder bleibt für lange Zeit verschollen
Laut Bianca Biwer als Bundesgeschäftsführerin des Weißen Rings ist dieser Zustand der Ungewissheit eine der schwierigsten Situationen, die Eltern aushalten müssen. Auf der einen Seite werden etwa 99 Prozent aller vermissten Kinder und Jugendlichen zwar relativ schnell und verlässlich gefunden.
Doch für das verbleibende Prozent ist die Situation umso dramatischer. Betroffene benötigen eine lange Begleitung und psychologische Hilfe, um die Situation zu bewältigen.
Eine Kombination aus Ungewissheit und Enttäuschung
Zu dieser Ungewissheit gesellt sich bei betroffenen Eltern eine Art der Enttäuschung. Beispielsweise erwähnt Biwer die Geschichte einer Frau, die auch nach dem 30-jährigen Verschwinden ihrer Tochter noch immer bei jedem Klingeln an der Tür oder des Telefons auf eine Rückkehr ihres Kindes hoffte.
Aktuell betreut die Vereinigung eine zweistellige Zahl an Betroffenen, deren Kinder seit kürzerer oder längerer Zeit vermisst werden.
Zusätzlich kooperiert der Weiße Ring mit weiteren spezialisierten Hilfsorganisationen. Die betroffenen Eltern benötigen Unterstützung und Stabilität, um trotz der Umstände ein eigenes Leben führen zu können. Diese Situationen fällt den meisten Müttern und Vätern jedoch schwer.
Straftaten sind nicht der hauptsächliche Grund für ein längeres Verschwinden
Der Zeitfaktor spielt beim Verschwinden eines Kindes eine wichtige Rolle. In diesem Fall ist es unerlässlich, so zeitig wie möglich eine breite Öffentlichkeit einzuschließen.
Der Grund für das Verschwinden ist allerdings nur in seltenen Fällen eine Straftat, insbesondere eine Sexualstraftat. Diesbezüglich berichtet Biwer vom Fall eines vermissten Mädchens, das sich nach einem längeren Zeitraum aus eigener Kraft aus dieser verheerenden Situation befreien konnte.
Gewalterfahrungen als häufiger Grund für eine Flucht
Insbesondere bei Kindern geht deren Verschwinden jedoch häufig mit einem besonders ernsten Hintergrund einher. Eine Möglichkeit ist eine Gewalterfahrung, vor der die Jungen und Mädchen flüchten möchten. Die Bandbreite reicht von häuslicher Gewalt bis hin zu Vernachlässigung.
Nicht immer hängen diese Erfahrungen mit dem eigenen Elternhaus oder einem familiären Kontext zusammen. Möglicherweise reagieren die Kinder auf eine völlig andere Gewalterfahrung, derer sich die Eltern überhaupt nicht bewusst sind.