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In welchen Regionen sind höhere Deiche besonders sinnvoll?

In welchen Regionen sind höhere Deiche besonders sinnvoll?
In welchen Regionen sind höhere Deiche besonders sinnvoll?

Rechnet man die Länge aller europäischer Küstengebiete zusammen, summiert sich die Gesamtheit aller Ufer auf über 37.000 Kilometer. All diese Regionen sind bis zum Jahr 2100 von einem steigenden Meeresspiegel betroffen, der bis dahin um mindestens ein Jahr ansteigen wird. Allerdings variiert das Risiko zwischen Regionen wie Portugal, Finnland, Norwegen und Griechenland deutlich. Deshalb nahm die europäische Forschergruppe nunmehr die regionale Flutgefahr unter die Lupe.

Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Nature Communications (engl.) publizierten, könnte ein verstärkter Deichbau über 80 Prozent drohender Flutschäden im Wert von bis zu 1.600 Milliarden Euro vorbeugen.

Mehrere Szenarien sind möglich

Für diese Untersuchung analysierten Wissenschaftler rund um Michalis I. Vousdoukas vom EU-Joint Research Center aus der am Lago Maggiore gelegenen Stadt Ispra die Flutrisiken von Küstengebieten, die sich entlang der Europäischen Union erstrecken. Dabei überprüften die Forscher extreme Pegelstände, die bei Sturmfluten in Erscheinung treten könnten. Unter diesen Bedingungen sind zwei Klimawandel-Szenarien möglich. Werden CO2-Emissionen deutlich gedrosselt und könnte die aktuelle CO2-Konzentration aus der Atmosphäre von derzeit knapp 410 ppm auf höchstens 650 ppm (dieser Wert entspricht den CO2-Anteilen pro Million) bis 2100 limitiert werden, werden die Flutpegel bis dahin um vermutlich 76 Zentimeter ansteigen.

Ohne Drosselung erhöht sich die CO2-Konzentration bis zum Jahr 2100 vermutlich auf 1370 ppm. Unter dieser Prämisse würden die Flutpegel auf bis zu 172 Zentimeter ansteigen.

Nicht alle Küstengebiete sind in gleicher Weise betroffen

Opfer dieses Wandels wären von Norwegen bis Belgien an der Nordsee gelegene Anrainerstaaten. Aufgrund milderer Stürme wären die Atlantikküsten in Spanien und Portugal sowie an Mittelmeerküsten gelegene Regionen wahrscheinlich nur von geringeren Flutschäden betroffen.

In der Ostseeregion gehen Forscher trotz der ansteigenden Pegelstände ebenfalls von einem geringeren Risiko für Sturmfluten aus.

Eine besonders geringe Gefahr bestünde hierbei für die an nördlichen Ostseeküsten gelegenen Länder Schweden und Finnland, weil sich die skandinavische Landmasse in diesen Gebieten aufgrund des Abschmelzens der Gletscher aus der letzten Eiszeit nur um etwa einen Zentimeter pro Jahr anhebt.

Deichbau oder nicht? Das Kosten-Nutzen-Verhältnis hilft

Auf Grundlage dieser Annahmen berechneten Vousdoukas und dessen Kollegen, an welchen Küstenregionen der teure Deichbau deshalb lohnenswert wäre. Bei diesen Berechnungen überrascht es vermutlich kaum, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis in dicht besiedelten Küstenregionen besonders positiv ist. Würden Deiche in diesen Gebieten erbaut werden, würden die Wälle ein Vielfaches des jeweiligen Hab und Guts schützen.

Deshalb lohnt sich ein Deichbau in erster Linie in Ländern wie Frankreich, Italien und Belgien.

Zudem würden sich das Kosten-Nutzen-Verhältnis in Irland, Zypern und den Niederlanden in einem positiven Bereich bewegen. In Ländern und Regionen wie Malta sowie den Küsten baltischer Länder, Kroatien und Bulgarien würden die Baukosten die Folgekosten durch Fluten übersteigen.