Nach dem Tod der Queen: Wie gestaltet sich die Zukunft des Commonwealth?
Das Commonwealth umfasst insgesamt 56 Länder, unter denen die britische Monarchie in 15 Staaten als Oberhaupt agiert. Einige Mitglieder des Nationenbunds wenden sich allerdings zunehmend von der Krone ab.
Was ist das Commonwealth?
Zum Commonwealth – auch als Commonwealth of Nations bekannt – gehören insgesamt 56 Staaten, von denen britische Monarchen in 15 Ländern als Staatsoberhaupt agieren.
Der sich über die ganze Welt verteilende lose Nationenbund galt als Herzensprojekt von Queen Elizabeth II.
In der Vergangenheit wurde der Nationenbund einst ins Leben gerufen, um ein Streben nach Autonomie bestimmter Länder wie Australien, Kenia oder Kanada zu vermeiden.
Drohen Abkapselungen von der historischen Verbindung?
Einige Mitgliedsstaaten wie Barbados wandten sich in jüngster Vergangenheit allerdings vom Commonwealth ab und erklärten sich selbst zur Republik.
Nun ist es nicht ausgeschlossen, dass diesem „Vorbild“ nach dem Tod der Langzeitregentin noch weitere Länder folgen werden. Ist es wahrscheinlich, dass nunmehr weitere Staaten ihre historische Verbindung zum Königshaus in Großbritannien komplett neu überdenken werden?
Prognosen für die Zukunft
Solange es für die Queen möglich war, bereiste Elizabeth II. die Weltmeere, um ihren Untertanen in allen Ecken der Welt einen Besuch abzustatten. Immer wieder eroberten Aufnahmen die Medienlandschaft, auf denen die Regentin in offenen Wagen durch die einstigen Kolonien fuhr und von Einheimischen begeistert bejubelt wurde.
Doch wie gut stehen die Chancen, dass sich die imperiale Familie auch nach dem Tod von Elizabeth II. durchsetzt?
Aktuelle Entwicklungen in der Karibik
In der Karibik musste die britische Krone in jüngster Vergangenheit heftigen Gegenwind in Kauf nehmen. Ende 2021 deklarierte sich Barbados als eigenständige Republik und wandte sich somit öffentlich von der Queen als Staatsoberhaupt ab. Dennoch ist die Karibikinsel noch immer Teil des Commonwealth. Zudem äußerte Jamaika in der Vergangenheit ebenfalls den Gedanken, sich als eigenständige Republik zu deklarieren.
Beim letzten Besuch von Prinz William und dessen Gattin Kate Middleton auf Jamaika wurde das Ehepaar vor Ort mit Protesten empfangen. Menschen demonstrierten in Jamaika und Belize. Während dieser Demonstrationen forderten Einheimische eine Entschuldigung dafür, dass die britischen Royals in die Sklavenhaltung verschleppter Afrikaner in der Karibik sowie in Reparationszahlungen verwickelt waren.
Aktuell agiert die britische Monarchie als Staatsoberhaupt auf den Bahamas, in Barbuda und Antigua, Grenada, Belize sowie St. Kitts und Nevis. Nach ihrem Tod würdigten die Inselstaaten zwar die Toleranz und das Pflichtbewusstsein der Queen. Doch der Druck, der nunmehr auf König Charles III. lastet, dürfte hoch sein.
Forderungen aus Neuseeland
Die Verbindung zwischen der britischen Monarchie und Neuseeland war zwar stets eng, jedoch nicht immer einfach. Queen Elizabeth II. war die erste britische Monarchin überhaupt, die den Pazifikstaat erstmals in der Mitte der 1950er Jahre bereiste.
Während ihrer Amtszeit reiste die Monarchin insgesamt zehnmal in Richtung Neuseeland.
Doch auch in dieser Region stieß die Monarchin immer wieder auf Widerstand und entrann 1981 sogar nur knapp einem Mordanschlag. Obwohl es seitens Neuseeland immer wieder Forderungen gab, dass Neuseeland als eigenständige Republik agieren soll, wurden bislang noch keine formellen Schritte eingeleitet. Vor kurzer Zeit rief die Partei „Te Pati Maori“ zu einer „Scheidung“ vor der britischen Krone auf. Nach ihrem Tod würdigte Ministerpräsidentin Jacinda Ardern als „außergewöhnlich“.
Australiens Bestreben nach Unabhängigkeit
Auch Australien besuchte Queen Elizabeth II. als erste britische Monarchin überhaupt. Im Zeitraum von 1954 bis 2011 bereiste die Queen Down-Under insgesamt 16-mal. Dennoch ist das Verhältnis zwischen dem royalen Staatsoberhaupt sowie Australiern alles andere als entspannt. Während einige Australier nach wie vor die besondere Tradition zu schätzen wissen, wünschen andere eine deutliche Distanz zum britischen Königshaus. Beispielsweise wurde 1999 ein Referendum durchgeführt, laut dem sich 45 Prozent aller Australier für einen Wandel zur Republik aussprachen. Die restlichen 55 Prozent stimmten jedoch dagegen.
Seit dem Tod der Monarchin entfachten Debatten um die gewünschte Staatsform in Australien aufs Neue. Erst kürzlich ließ Grünen-Chef Adam Bandt verlauten, dass Australien eine Republik werden müsse.
Vor wenigen Monaten startete die Labor-Regierung einen weiteren Anlauf mit der Forderung, wiederum über ein Ende der Monarchie abzustimmen. Setzen Politiker das Referendum durch, stehen die Chancen hoch, dass die Abstimmung dann von Erfolg gekrönt sein könnte.
Kanada: Das „zweite Zuhause“ der Queen?
Kanada schloss sich im Jahr 1931 der gesetzgeberischen Unabhängigkeit des Commonwealth an. Als nominelles Staatsoberhaupt agiert im zweitgrößten Land der Welt ein Generalgouverneur. Diesen Posten hat seit 1921 Mary Simon als Person indigener Abstammung inne. Simon und Premierminister Justin Trudeau äußerten nach dem Tod der Monarchin gegenüber der Öffentlichkeit ihr Beileid.
Sobald die Queen kanadischen Boden betrat, erklärte sie immer wieder, „zu Hause“ angekommen zu sein.
Diese Zuneigung gaben Kanadier stets unaufgefordert zurück. Zudem statteten auch andere Besucher der Königsfamilie dem Land regelmäßig Besuche ab.
Die aktuelle Situation in Tuvalu
Als parlamentarische Monarchie gehört Tuvalu ebenfalls dem Commonwealth an. Nach dem Tod von Queen Elizabeth II. twitterte das Außenministerium, dass die Monarchin „für Stabilität in einer sich stetig verändernden Welt“ sorgte. In ihrer Amtszeit besuchte die Queen Tuvalu nur einmal.
Bei zwei Referenden in den Jahren 1986 und 2008 sprach sich die Mehrheit der Einwohner vor Ort dafür aus, die Monarchie beizubehalten. Seit einigen Monaten wird das Thema jedoch wieder aufs Neue diskutiert.
Afrika: Commonwealth als ökonomische Absicherung?
Aktuell gehören zwar insgesamt 21 Länder dem Commonwealth of Nations an. Doch in keinem dieser Staaten werden die britischen Monarchen als Staatsoberhaupt anerkannt. Dennoch honorierte Kenias Präsident William Ruto die Führungsqualitäten der Queen für das Commonwealth erst vor wenigen Tagen.
Viele Afrikaner sind sich sicher, dass das Commonwealth den ökonomischen und sozialen Fortschritt auf dem Kontinent zweifellos voranbringen kann. Besondere Erinnerungen an die Queen haben Menschen in Ghana. Dieses Land besuchte Queen Elizabeth II. insgesamt zweimal. In den Augen von Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo galt die Queen als „Fels, der dafür sorgte, dass das Commonwealth seinen positiven Werten treu bleibt.“