Neue Bestattungsformen liegen voll im Trend
Ob Mensch- und Haustier-Grabstätten, Friedweinberge oder Flugbestattungen: Die Beerdigungskultur befindet sich im stetigen Wandel. Diese Entwicklung verdeutlichen zahlreiche moderne Trends.
Ein Abbild unserer heutigen Gesellschaft
Wie Alexander Helbach als Pressesprecher der Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas betont, ist das Bestattungswesen zum Abbild der heutigen Gesellschaft avanciert. Unser Alltag und immer mehr Menschen fokussieren sich auf eine individuelle Entwicklung. Vor dieser Tendenz macht auch das Bestattungswesen nicht Halt. Im Laufe der Zeit haben sich viele Familienstrukturen aufgelöst. Im Gegenzug verliert der Glaube an Bedeutung.
Während immer weniger kirchliche Trauerfeiern stattfinden, hat sich die Anzahl an Beisetzungen mit freien Trauerrednern im Gegenzug erhöht.
Familiengräber sind heutzutage ebenfalls weniger gefragt, da zahlreiche Familien heute sowieso nicht mehr an einem Ort leben.
Trend zu individualisierten Beisetzungen
Auch weitere in der Bestattungsbranche tätige Personen bestätigen, dass sich immer mehr Menschen nach persönlichen und individuellen Arten der Beisetzung sehnen. Deshalb ist es für Bestatter besonders wichtig, die Angebote den speziellen Wünschen der Kunden anzupassen – beispielsweise in Form von Flugbestattungen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Seebestattungen wird die Asche aus dem Flugzeug ins Meer geschüttet.
Diese Flugbestattungen starten unter anderem auf dem Flughafen Sylt. Hinterbliebene haben dann die Möglichkeit, die Bestattung vom Strand auf Sylt aus zu beobachten. Vor der Beisetzung fliegen die Piloten noch einmal mit der Urne am Strand entlang. Damit können sich die Trauergäste von der verstorbenen Person verabschieden.
Wie funktionieren Seebestattungen?
Über einem für Seebestattungen vorgesehenen Areal fällt die selbstauflösende Urne dann ins Wasser. Daraufhin wird den Hinterbliebenen ein Zertifikat ausgehändigt, auf dem die Koordinaten des Beisetzungsortes vermerkt sind.
Die Kosten für diese Form der Bestattung betragen auf Sylt mindestens 1.320 Euro, einschließlich Angehörigen an Bord.
Wer die Zeremonie vom Strand aus beobachten möchte, muss hierfür 880 Euro bezahlen. Gegen Aufpreis kommen ebenfalls Abflughäfen wie Hamburg oder Bremen in Betracht.
Nicht für jedermann geeignet
Diese Form der Bestattung eignet sich in erster Linie für Personen, die sich mit dem Meer verbunden fühlen. Für viele Betroffene ist es dann ein tröstlicher Gedanke, nach dem Tod mit Wasser vereint zu sein. Dadurch schließt sich somit der Kreis des Lebens.
Für andere Personen ist es hingegen tröstlich, ihre letzte Ruhestätte unter Weinreben zu finden. Der erste Friedweinberg wurde 2017 in Rheinland-Pfalz in Bad-Neuenahr-Ahrweiler eröffnet. Diese Bestattungsform hat sich mittlerweile ebenfalls bewährt, so dass mittlerweile schon mehr als 200 Bestattungen auf dem Friedweinberg stattfanden.
Gemeinsame Gräber mit dem eigenen Haustier
Wer sich über den Tod hinaus seinem Haustier ganz nah fühlen möchte, kann sich auch gemeinsam mit seinem tierischen Freund begraben lassen. Beispielsweise offeriert die Deutsche Friedhofsgesellschaft Grabstätten für Mensch- und Tierbestattungen – darunter auf dem Urnenfriedhof „Unser Hafen“ im rheinland-pfälzischen Braubach nahe Koblenz. Die Art des Haustiers ist bei diesem Begräbnis unerheblich. Wichtig ist nur, dass die Tiere einäschbar sind.
Für viele Betroffene ist es ein tröstlicher Gedanke, zusammen mit dem eigenen Haustier bestattet zu werden.
Eine interessante Option sind sogenannte Freundschaftsgräber, die ausreichend Platz für bis zu vier Tierurnen und zwei Menschenurnen bieten. Die Kosten für diese Gräber belaufen sich auf 69 Euro bzw. 92 Euro pro Jahr, zuzüglich 280 Euro an Beisetzungskosten.
Friedhofszwang gilt als überholt
All diese Beispiele verdeutlichen, dass der in Deutschland für lange Zeit vorherrschende Friedhofszwang mittlerweile als überholt gilt. Immer mehr Stimmen werden laut, die einfordern, dass dieser Zwang endlich komplett abgeschafft wird. Mit gutem Beispiel geht die Stadt Bremen voran. Möchten Bürger der Hansestadt auf ihrem Privatgrundstück begraben werden, ist dies mit deren Asche seit 2015 möglich.
Hierfür genügt es, dass die Verstorbenen diesen Wunsch im Vorfeld schriftlich geäußert haben und die Grundstückseigentümer mit dieser Maßnahme einverstanden sind. Eine Verstreuung in freier Natur ist nur unter bestimmten Umständen gestattet. Inzwischen wurden über 150 dieser Anträge bewilligt. Die Zukunft wird zeigen, inwiefern sich hierzulande eine nachhaltige Änderung einstellt. Inzwischen bestätigen mehre Umfragen, dass die meisten Deutschen auf Dauer nicht am Friedhofszwang festhalten möchten.