Waldbaden – Der gesunde Natur-Trend aus Japan

Moderne Großstädte sind für gewöhnlich grau, hektisch und laut. Das komplette Gegenteil dazu ist der Wald. Er ist (zumindest im Sommer) grün, hier zwitschern die Vögel und mit etwas Glück kann man sogar das ein oder andere Reh erhaschen. Dabei ist man ganz für sich allein. Nicht ohne Grund erreicht uns gerade ein Trend aus Japan – der Shinrin Yoku.
Dabei soll das Waldbaden erhebliche Vorteile für Gesundheit und Gemüt bieten und sogar Depressionen wie von Zauberhand heilen. Wir haben den Trend untersucht und zeigen, wie sich ein Ausflug ins Grüne perfekt gestalten lässt.
Die Deutschen und der Wald
Schon lange bevor der Trend aus Japan und Südkorea bei uns ankam, zeigten die Deutschen einen Hang zum Aufenthalt in Wald. Hier entstand der Begriff der Waldeinsamkeit: Der Wunsch einsam und in völliger Freiheit, umgeben von Bäumen, im Sinnbild der Natur seinen Frieden zu finden. Dass der Wald eine besondere Wirkung für den Menschen hat, ist keine neue und fremde Erscheinung. Auch die Kneipkultur, die in den 1880ern entstand und von den Baby-Boomern perfektioniert wurde beinhaltet den Wald als festen Bestandteil ihrer Gesundheits-Philosophie. In den 1970er entwickelte sich ein regelrechter Trend zum Sport im Wald und überall in Deutschland gründeten sich sogenannte Trimm-dich-Pfade, die bis heute genutzt werden. Die Menschen genossen die frische Luft im Walde zu körperlicher Betätigung.
So zeigt sich, dass das Waldbaden auch vor dem Shinrin Yoku ein fester Bestandteil der deutschen Kultur war.
Doch gerade junge Menschen schrecken die teils in die Jahre gekommenen und altbacken wirkenden Trimm-dich-Pfade ab. Zudem bedeutet ein Ausflug in den Wald nicht gleich, dass man sich körperlich betätigen muss. Für viele ist es einfach nur ein Abschalten – die Verbindung zu Bäumen, Pflanzen, der Natur und sich selbst wiederherzustellen. Genau dafür steht Shinrin Yoku. Doch warum macht man das überhaupt?

Shinrin Yoku und die Gesundheit
Jeder, der in der letzten Zeit einen Wald betreten hat, wird sich an das beruhigende Gefühl erinnern, das aufkommt, sobald man die ersten Bäume erreicht. Man atmet die frische Luft ein und verspürt einen rasanten Glücksanstieg. Das liegt vor allem daran, dass das Stresshormon Cortisol signifikant abgebaut wird. So ist das Waldbaden besonders nach der Arbeit, oder am Wochenende vor einem entspannten, ruhigen Tag wirksam. Darüber hinaus senkt es das Angstlevel, was tatsächlich positive Effekte bei Angststörungen haben kann. Das konnte bereits in mehreren Studien nachgewiesen werden. Auch Depressionen werden regelrecht abgebaut. So ist die Waldtherapie nicht nur fester Bestandteil der japanischen Medizin, sondern findet auch hierzulande immer mehr Anwendung und Verständnis.
Das ist mehr als logisch. Einen Großteil unseres Alltags verbringen wir vor dem Bildschirm. Unsere Gehirne werden auf kurzfristige Belohnungen und Dopaminausschüttungen geschult – einen wirklichen Zugang zu unserer Umwelt verlieren wir. Waldbaden greift genau hier. Es holt uns aus dem Loch des modernen Lebens zurück in die Realität und versetzt uns in einen ursprünglichen Überlebensraum.
Hier sind es vor allem die Bäume, die uns Leben schenken. Gemeinsam mit kleineren Pflanzen stoßen sie Terpene aus. Das sind Mikropartikel, die wir über die Atemwege aufnehmen. Diese Abgaben riecht man – besonders an warmen Tagen duftet der Wald für gewöhnlich mehr. Neben der Stressreduzierung stabilisieren sie den Blutdruck, wirken entzündungshemmend und aktivieren natürliche Killerzellen. Diese sind ein wahrer Immun-Booster und helfen unserem Körper sich gegen Feinde, wie Viren, zu verteidigen.

Was macht man beim Waldbaden?
Ein Waldbad scheint also eine wirkliche Wunderwaffe für die körperliche und geistige Gesundheit zu sein. Es ist kostenlos, ohne schädliche Nebenwirkungen und für die meisten schnell zu erreichen. Doch für viele stellt sich die Frage, was sie denn überhaupt bei einem Waldbad so machen sollen. Vor allem, wer sonst ein sehr digitalisiertes Leben führt, fragt sich, wie man die Zeit im Wald denn am besten verbringt.
Grundsätzlich sollte der Ausflug dafür genutzt werden, einfach mal Entdecker zu sein.
Blumen zu finden, genauer zu beobachten und zu beschnuppern, kann ein unfassbar befreiendes und auch spannendes Erlebnis sein. Heutzutage, wo die meisten unserer Geruchs-Erfahrungen auf synthetische Mittel oder sogar Umweltverschmutzungen zurückzuführen sind, geht der einfache Geruch einer Blume oft direkt ins Herz. Hier gilt es vor allem für Anfänger sich nach dem eigenen Gefühl langsam vorzutasten. Eine schnelle Verbindung zur Natur kann durch das klassische Barfußlaufen hergestellt werden. Die altbekannte „Hippie-Methode“ ist nicht ohne Grund so beliebt. Sie stellt eine tiefere Nähe zur Umgebung her und ermöglicht das Ertasten verschiedenster Erfahrungen. Weiches, nasses Moos oder der raue Untergrund eines Baumstamms sind unfassbar gefühlvolle Erfahrungen, die einer sinnhaften Massage in nichts nachstehen.
Auch in den Wald rein zu lauschen kann ein tiefgehendes Erlebnis sein. Die verschiedenen Vögel zu lokalisieren, macht nicht nur Spaß, sondern schärft auch die Sinne. Für viele ist die Erfahrung genauso eine Ruhepause für die Augen. Einfach mal nicht vom konstanten Bildschirm beschallt zu werden beruhigt enorm. Wer anfangs noch Schwierigkeiten ganz ohne digitale Mittel hat, hört einen guten Podcast, während er durch das grüne Leben läuft und langsam die Verbindung zu sich und der Natur wiederherstellt.
Fazit
Waldbaden ist wahrscheinlich einer der wichtigsten Trends unserer modernen Gesellschaft. Der Mensch ist Teil der Natur und als solches entstanden. Mit Shinrin Yoku kommen wir zurück in unseren Urzustand, bauen psychische Probleme ab, schützen uns gegen Krankheiten und haben nebenbei noch eine Menge an Spaß. Jeder sollte ein Waldbad zumindest einmal versuchen, denn die Vorteile sind immens und jederzeit abrufbar.