Was ist BookCrossing?
Plötzlich und schnellen Schrittes stehen sie auf und lassen Parkbänke oder beliebte Picknickecken hinter sich. Was zurückbleibt, ist ein Buch, das jedoch absichtlich liegengelassen wurde. Die Rede ist vom BookCrossing, einem aus Amerika stammenden Trend. Tausende an Menschen haben sich mittlerweile auf der Webseite www.bookcrossing.com registrieren lassen, um den Weg von Millionen an Büchern rund um den Kontinent zu verfolgen: ein System mit System, so könnte man meinen.
Ursprünge entstammen aus der Tierwelt
Als BookCrossing wird eine Wanderbewegung bezeichnet, deren Termini eigentlich der Tierwelt entspringen. Anstatt Bücher in Regalen verstauben zu lassen, werden die Romane, Krimis oder Kurzgeschichten absichtlich an irgendeinem Ort liegengelassen. Bookcrosser haben für diesen Akt eine besondere Bezeichnung. Sie „lassen das Buch frei“ – ein schöner Gedanke für die kleinen gedruckten Kunstwerke, in denen auch Gedanken in die Freiheit entlassen werden.
Wie funktioniert das Bookcrossing?
Aber natürlich möchte jeder Bookcrosser wissen, wo sich die Bücher gerade befinden. Deshalb ist es wichtig, sich selbst und das jeweilige Buch auf der Internet-Plattform zu registrieren. Auf der Webseite des Netzwerks werden die Bücher mit einer Nummer versehen, auf welcher die nachfolgende Kommunikation basiert. Dadurch können die Finder der heimatlosen Bücher genau überprüfen, wer die Lektüre am Fundplatz zurückließ und welche Reise das Buch bereits zurückgelegt hat. Andererseits können Vorbesitzer jederzeit über den Zustand der Schmöker informiert werden. Auf der Webseite hinterlassen die Bookcrosser dann eine kurze Notiz mit Informationen darüber, wo sich der jeweilige Titel befindet. Entdeckt der neue Besitzer den Schmöker und wird der Fund auf der Internetseite angegeben, erhalten die Vorbesitzer eine Mail. Nun steht es den Findern frei, die neue Errungenschaft selbst zu lesen und das Buch daraufhin wieder zu verstecken. Dadurch ähnelt dieses System zumindest in Ansätzen dem Prinzip der Flaschenpost.
Bookcrossing-Treffen mit anderen Leseenthusiasten
An vielen Orten der Welt – darunter in Frankfurt – ist es Tradition, dass sich Bookcrossingenthusiasten regelmäßig treffen. Hier rufen die Leseratten sogenannte Bookcrossing-Zonen ins Leben, um sich über ihre Leidenschaft zu unterhalten. Die Gesprächsrunden gleichen sich zwar einerseits, könnten andererseits jedoch kaum abwechslungsreicher sein. Es geht darum, die Bücher freizulassen. Doch natürlich sind Bookcrosser auch bemüht, die Bücher zu jagen. Dieses Hobby mag zwar Nicht-Bookcrossern etwas ungewöhnlich erscheinen. Doch die Buchenthusiasten haben ihre Mission klar vor Augen. Am liebsten würden sie die ganze Welt in eine Bibliothek verwandeln, indem sie sich mit Gleichgesinnten austauschen und auch die liebsten Schmöker auf Reisen schicken. Was viele kaum für möglich halten, wird beim Bookcrossing zur Realität. Die Regale leeren sich nicht. Nein ganz im Gegenteil, bei vielen der Buchjäger füllen sich die Regale zusehends.
Kaum ein Platz ist für die Bücher zu schade
Ist die Zeit für eines Bookcrossing-Events gekommen, stehen Türme an Büchern für einen regen Austausch bereit. Was am Ende liegenbleibt, landet in Cafés oder an freien Plätzen. Doch so schnell, wie sich Regale füllen, leeren sich die kleinen Schränke auch wieder. Dabei ist es nicht ungewöhnlich, dass auch richtig gute Bücher an neue Besitzer vermittelt werden. Wer sich über Jahre hinweg dem Bookcrossing widmet, kann irgendwann besonders interessante Geschichten erzählen. Einige Bookcrosser erzählen von kleinen Weltreisen, in denen es die Schmöker von Deutschland bis in türkische Bibliotheken geschafft haben. Straßenbahnen oder U-Bahn-Haltestellen sind beliebte Plätze, an denen die Bücher – zumindest zeitweilig – einen neuen Besitzer finden. Bücher gehen auf Weltreise, eine wahrlich faszinierende Vorstellung.
Nervenkitzel gepaart mit Leselust
Doch worin liegt der Reiz verborgen, die Bücher mit Aufkleber und Registriernummern zu versehen und diese möglichst unbemerkt einem stolzen Nachbesitzer zu überlassen? Viele Bookcrosser sprechen von einem besonderen Nervenkitzel, indem sie die Bücher an unterschiedlichen Stellen hinterlassen. Noch spannender ist die Reise, die das Buch dann auf sich nimmt. Und Vorbesitzer können Schritt für Schritt mitverfolgen, wie die Bücher die Welt erobern. Mittlerweile ist das Bookcrossing derart erfolgreich, dass nicht nur die Bücher die Welt erkunden. Inzwischen existieren auch internationale Bookcrosser-Vereinigungen, bei denen Bookcrosser aus verschiedenen Ländern und Regionen der Welt aufeinandertreffen. Es ist der Reiz der Ungewissheit und des Fernwehs, das begeisterte Leser mit diesem Hobby zum Ausdruck bringen.
Buchhändler müssen nicht um ihre Einnahmen fürchten
Diese Form der virtuellen Schnitzeljagd hat im Laufe der Jahre sogar eine neue literarische Szene hervorgerufen. Leseratten sind nicht nur vom Versteck- und Entdeckspiel der Büche fasziniert. Sie diskutieren online über Neuerscheinungen, Büchertausch und knüpfen Freundschaften mit Menschen, die zum Teil auf der anderen Seite des Erdballs leben. Die Befürchtung einiger Buchhändler, der kostenfreie Buchtausch könnte in Buchgeschäften zu Umsatzeinbußen führen, hat sich übrigens nicht bestätigt. Ganz im Gegenteil: diese Art der Schnitzeljagd weckt bei vielen Menschen die Leselust. Es gibt sogar Bookcrosser, die von jedem Buch mittlerweile immer gleich zwei Exemplare kaufen. Denn je mehr Bücher im Bookcrossing-Strom kursieren, desto reizvoller ist dieses Hobby.