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Das Lieferkettengesetz

Lieferkettengesetz
Das Lieferkettengesetz

Für manche ist es ein echter Durchbruch für mehr Menschenrechte. Für andere wiederum handelt es sich dabei eher um einen faulen Kompromiss. Die Rede ist vom viel diskutieren Lieferkettengesetz, welches am 11. Juni durch den Bundestag endlich verabschiedet wurde und am 25 Juni 2021 durch den Bundesrat gebilligt wurde.
Was aber beinhaltet das Lieferkettengesetz und wird die Wirtschaft dadurch wirklich gerechter?

Gewinne auf Kosten von Menschen und Natur

Wenn Sie Produkte einkaufen, wissen Sie meistens nicht, wo diese herkommen. Wurde die Hose in einer Fabrik gefertigt, die mangelnde Sicherheitsstandards aufweist? Haben Kinderernte die Kakaobohnen Ihrer Lieblingsschokolade geerntet? Wurde für Ihre Auflaufform, die Sie für den Sonntagsbraten nutzen, aufgrund des Eisenerzabbaus kostbares Trinkwasser verseucht?

Etliche international agierende Unternehmen (inklusive deutscher Unternehmen) machen hierzulande Gewinne auf Kosten von Menschen und Natur im Ausland.

Bislang mussten die Unternehmen nicht dafür haften. Allerdings soll das durch das neue Lieferkettengesetz geändert werden.

Gewinne auf Kosten von Menschen und Natur im Ausland
Etliche international agierende Unternehmen
machen hierzulande Gewinne auf Kosten von Menschen und Natur im Ausland

Was genau enthält das Lieferkettengesetz?

Das Lieferkettengesetz soll dafür sorgen, dass mit Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörungen und Kinderarbeit Schluss ist. Weiterhin soll es „freiwillige, unternehmerische Selbstverpflichtung“ stoppen, denn Freiwilligkeit reicht in der Wirtschaft einfach nicht aus. Zumindest dann nicht, wenn es um mehr Fairness und Transparenz geht.

Woher Rohstoffe und Produkte stammen und zu welchen Bedingungen diese eingekauft werden, entscheidet leider meistens der Preis und nicht der Umstand.
Dank des Lieferkettengesetzes sind nun einige Unternehmen dazu verpflichtet, sich nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland an soziale und ökologische Mindeststandards zu halten. Das heißt, dass es nun verbindliche Sorgfaltspflichten gibt und keine Freiwilligkeit mehr.

Lieferketten-Gesetz
Das Lieferkettengesetz soll dafür sorgen, dass mit Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörungen und Kinderarbeit Schluss ist

Lieferkettengesetz trägt den offiziellen Namen Sorgfaltspflichtengesetz

Da es nun um verbindliche Sorgfaltspflichten geht, heißt das neue Gesetz offiziell Sorgfaltspflichtengesetz. Betroffene Firmen müssen sich in Zukunft an folgendes halten:

  • Regelmäßige Durchführung einer Risikoanalyse
  • Vorlegen von Berichten, die als Beleg für Bemühungen in Sachen Umweltschutz und Menschenrechte dienen
  • Einrichtung von Beschwerdemechanismen und Präventionsmaßnahmen für Betroffene
  • Verabschiedung einer Grundsatzerklärung ihrer unternehmerischen Strategien für Menschenrechte

Für wen und ab wann gilt das Lieferkettengesetz?

Bislang bzw. ab 2023 gilt das Lieferkettengesetz bloß für die Unternehmen, die mehr als 3.000 Mitarbeiter beschäftigen. Ab dem Jahr 2024 trifft es dann auch Firmen, die mehr al 1.000 Angestellte haben. Was Firmen in Deutschland angeht, so betrifft das Gesetz in den ersten beiden Jahren etwa 3.500 Unternehmen.

Mit mehr als drei Millionen deutschen Firmen ist das nicht mal ein Prozent. Ein Pluspunkt: Das Lieferkettengesetz erfasst auch ausländische Firmen, sofern die deutsche Zweigniederlassung die erwähnte Mitarbeiterzahl erreicht.

Heftigen Protest gab es, weil kleinere Unternehmen nicht in die Pflicht genommen werden. Nicht mal dann, wenn sie in Risikobranchen arbeiten, wie zum Beispiel in der Chemie-, Textil- oder Lebensmittelbranche.

Außerdem erfasst das Gesetz nur direkte Zulieferer

Gleichermaßen kritisch wird die Regelung angesehen, dass die Sorgfaltspflicht nur für direkte Zulieferer gilt. Das Unternehmen kann demnach nicht für sonderlich viele Stufen haftbar gemacht werden. Das liegt daran, dass internationale Lieferwege oft sehr komplex sind und es sich eher um verzweigte Netzwerke und weniger um Ketten handelt. Innerhalb dieser Netzwerke befinden sich dann eine Vielzahl an Händlern, Produzenten und Zulieferern. Da nicht jede Firma mit einer Tochtergesellschaft im Ausland dienen kann, hat auch nicht jede die Möglichkeit, auf die Bedingungen vor Ort direkten Einfluss zu nehmen.

Zulieferer
Das Lieferkettengesetz erfasst nur direkte Zulieferer

Wie die Gesetzeslage jetzt ist, wäre zum Beispiel ein deutsches Textilunternehmen nur für das verantwortlich, was in einer Schneiderei im Ausland vor sich geht. Allerdings könnte dem Unternehmen alles andere egal sein. Also wie die Textilien zur Schneiderei gekommen ist oder wer Baumwolle gepflückt hat.
Das größte Problem dabei: Der Großteil der Menschenrechtsverletzungen findet gerade am Anfang einer Lieferkette statt und nicht am Ende.

Nur ein Bruchteil der Lieferkette abgedeckt

Demnach wird durch das Lieferkettengesetz nur ein marginaler Teil einer Lieferkette abgedeckt. Tatsächlich handelt es sich bloß um ein einziges von vielen Kettengliedern.

Außerdem drohen bei Verstößen lediglich Bußgelder, die mit Sicherheit viele Unternehmen in Kauf nehmen.

Privater Schadensersatz ist ebenfalls nicht vorgesehen. Betroffene im Ausland können vor deutschen Gerichten also nicht klagen.

Ebenfalls eine Enttäuschung: Der Umgang mit der Umwelt

Was den Umweltschutz angeht, so gibt es diesbezüglich eher komplizierte und bürokratische Formulierungen. Die Pflichten in Sachen Umwelt beziehen sich nur auf spezielle Dinge, wie zum Beispiel auf persistente organische Schadstoffe oder Quecksilberemissionen.
Demnach soll nur die menschliche Gesundheit geschützt werden, auf die massive Umweltzerstörung wird eher weniger bis überhaupt nicht eingegangen.

Umgang mit der Umwelt
Was den Umweltschutz angeht, so gibt es diesbezüglich eher komplizierte und bürokratische Formulierungen

Mit Preissteigerungen ist zu rechnen

Da das Lieferkettengesetz Unternehmen Geld kosten wird, könnte es zu Preissteigerungen kommen. Schließlich müssen die Firmen vor Ort für Umweltschutz und höhere Arbeitssicherheit sorgen. Ebenfalls ins Gewicht fällt der Aufwand für Berichte und Analysen sowie ein Zusatzaufwand für Bio- und Fair-Trade. Obgleich das Lieferkettengesetz nicht so ist, wie viele es erwartet hätten, ist es aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.

Insbesondere deshalb, weil sich Unternehmen nun mit menschenrechtlichen Risiken in ihren Lieferketten auseinandersetzen müssen. Wünschenswert wäre dennoch, wenn mehr als nur ein Prozent der deutschen Firmen in die Pflicht genommen werden würden.