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Das Phänomen „Travelshaming“ – woher kommt es und was lässt sich dagegen tun?

Travelshaming
Das Phänomen „Travelshaming“ – woher kommt es und was lässt sich dagegen tun?

Nicht nur in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien ist „Travelshaming“ ein Begriff. Auch immer mehr deutsche und europäische Reisende leiden unter der Wahrnehmung ihrer Urlaube. Die Pandemie hat die Empfindungen der Menschen hier stark verändert.
Das große Problem ist dabei, dass sich Reisen immer noch als Regelbruch anfühlt – obwohl viele Urlaubsländer längst nicht mehr zu den Hochrisikogebieten der Pandemie gehören.

Was ist Travelshaming?

Travelshaming ist ein Phänomen, das aus den englischsprachigen Ländern kommt. Es bezeichnet im Grunde die Rezeption von Urlauben und Reisen.

Viele Menschen erachten Reisen in Zeiten der weltweiten Coronapandemie als absolutes No-Go und tun dies selbstverständlich auch kund.

Übrigens, Travelshaming gab es auch schon vor Corona! Hier waren vor allem die Umweltaspekte entscheidend, ob jemand für seinen Urlaub negative Reaktionen bekam oder nicht.
Denn Flugreisen und Co. haben eine schlechte CO2-Bilanz, während nachhaltiger Tourismus natürlich weniger luxuriös ist. In diesem Jahr bezieht sich Travelshaming allerdings in erster Linie auf Tourismus in der Pandemie und darauf, ob es wirklich nötig ist, zu reisen.

Phänomen Travelshaming
Travelshaming ist ein Phänomen, das aus den englischsprachigen Ländern kommt

Die Ursache liegt in der Coronapandemie

Das neuartige Coronavirus hat fast die ganze Welt fest im Griff. Im vergangenen Jahr wurden binnen kürzester Zeit alle Passagierflüge gestoppt und es war eine ganze Weile gar nicht möglich, zu reisen. Nun lockern die Regierungen nach und nach die Reisebestimmungen (Reisewarnungen anlässlich der COVID-19-Pandemie – Auswärtiges Amt) und immer mehr Reiseziele gelten gemeinhin als sicher. Gleichzeitig bleibt die Angst der Menschen vor dem unbekannten Virus. Zuletzt breitete sich die sogenannte Delta-Variante in vielen Ländern – auch solchen, mit guten Impfquoten – vermehrt aus.

Ungeimpfte Personen haben große Angst vor der neuen Mutante des Virus und somit fallen Reisen wieder häufiger aus. Die deutsche Bundesregierung holte Ende Juni zahlreiche Urlauber aus Portugal zurück, weil dort die Zahl der Infizierten wieder anstieg.

All diese Entwicklungen sorgen dafür, dass zahlreiche Menschen Angst davor haben, zu reisen. In vollbesetzten Flugzeugen mit fremden Menschen auf engstem Raum zusammen zu sein, ist etwas, dass viele Menschen verlernt haben. Deshalb macht es den Leuten Angst, wenn andere das tun. Sie sehen ihre eigene Sicherheit in Gefahr – möglicherweise sogar zurecht. Die Verbote, die dazu führen, dass die Menschen weniger reisen, sind von außen auferlegt.

Ursache liegt in der Coronapandemie
Die Ursache liegt in der Coronapandemie

Es ist also nicht die freie Entscheidung, zu Hause zu bleiben. Vielmehr gibt es Restriktionen, gestrichene Flüge, strenge Einreisebedingungen, die Aussicht auf eine Quarantäne und viele andere Faktoren, die das Reisen seit März 2020 einschränken.
Auch wenn diese Einschränkungen nun gelockert worden sind, fällt es vielen Menschen schwer, dies zu akzeptieren und sich an die wieder neuen Gegebenheiten anzupassen.

Reiseinfluencer erleben Shitstorms

Vor allem Influencer sind von Travelshaming betroffen. Das liegt unter anderem daran, dass sie ihre Reisen in den sozialen Netzwerken teilen und mit den Fotos und Videos zahlreiche Menschen erreichen. Außerdem ist die Hemmschwelle, was Kritik angeht, in den sozialen Netzwerken sehr viel niedriger als im wahren Leben. Das führt dazu, dass es häufiger zu Shitstorms kommt, wenn Reisende Fotos ihres Urlaubs auf Instagram und Co. teilen.
Auch Neid kann ursächlich für harsche Kritik sein. Jemand, der gern in den Urlaub gefahren wäre, dies aber wegen der Pandemie nicht tut, ist möglicherweise nicht begeistert, wenn jemand anderes genau diese Reise antritt.

Die Vorwürfe sind dabei oft die gleichen: Es sei egoistisch und unverantwortlich, zu reisen. Reisende setzen sich und andere den Gefahren des Virus aus und treiben so die Pandemie weiter an. Die Virusmutationen sind gefährlich und deshalb sollte niemand 2021 reisen, schon gar nicht ins Ausland.

Das Problem dabei ist, dass Reisefotos und -videos in den sozialen Medien immer nur einen Ausschnitt einer Reise zeigen.

Wie verantwortungsvoll jemand auf der Reise ist und warum diese spezielle Reise also wirklich nötig war, sehen die Follower meist nicht. Vielleicht ist auch das einer der Gründe, warum laut einer Studie von flug.idealo.de die Hälfte der Befragten angab, dieses Jahr keine Urlaubsfotos auf Facebook, Instagram und Co. teilen zu wollen.

Reiseinfluencer erleben Shitstorms
Reiseinfluencer erleben Shitstorms

Tipps für Reisen in Zeiten von Corona

Um dem Travelshaming zu entgehen, gibt es einige Tipps von Experten. Sie sollen dabei helfen, verantwortungsbewusst zu reisen und sich nicht den Kommentaren auf Instagram oder Twitter auszusetzen.

  • Wer reist, sollte sich an alle geltenden Regeln bezüglich Tests, Impfungen, Masken und Abstand halten. So minimiert er oder sie das Risiko, sich während des Urlaubs mit dem Coronavirus zu infizieren.
  • Es ist derzeit nicht ratsam, Fotos und Videos von Reisen auf Social Media zu teilen. Negative Reaktionen sind praktisch vorprogrammiert.
  • Wer nur reist, um „mal rauszukommen“, sollte vielleicht im eigenen Land bleiben. Reisen mit dem eigenen PKW in ein Ferienhaus sind weniger riskant als solche mit dem Flugzeug (Flugreisen im Sommer – Wie entwickeln sich die Flugpreise?) ins Hotel.

Zurück zur Tagesordnung – ja oder nein?

Laut Experten wird es noch eine ganze Weile dauern, bis sich Reisen wieder halbwegs normal anfühlen werden. Das Jahr 2020 hat die Sicht der Menschen auf viele Bereiche des Lebens massiv verändert. So ist die Nähe zu Fremden ungewohnt und ebenso das unbekümmerte Reisen. Es wird irgendwann wieder möglich sein, unbeschwert zu reisen. Das dauert jedoch wahrscheinlich noch eine Weile.
Außerdem wird es nicht in allen Bereichen wieder ganz normal zugehen. Kreuzfahrten beispielsweise sind seit der Coronapandemie weitaus weniger beliebt als davor. Das Gleiche gilt für Aprés Ski-Urlaube im Winter.

Hier wird die Gesellschaft sich verändern und die Gewohnheiten werden an das neue Lebensgefühl angepasst werden.

Es ist sogar zu erwarten, dass die Regelungen für Reisen in den kommenden Monaten und Jahren an die neue Situation angepasst werden. Dann wird es möglich sein, nach klaren Normen und Regeln zu reisen, ohne Travelshaming fürchten zu müssen.