Ayurveda verstehen – Gleichgewicht für Körper, Geist und Seele

Ayurveda gilt als eine der ältesten medizinischen Traditionen. Vor allem in Indien, Nepal und Sri Lanka erreicht sie große Teile der Bevölkerung. Auch im Westen hört man immer häufiger von ayurvedischen Produkten, Massagen und Ernährungsweisen. Doch was ist dran an der alternativen Heilmethode und welche Anwendungsbereiche gibt es?
Was ist Ayurveda?
Das „Wissen vom Leben“, wie es in der altindischen Sprache Sanskrit bedeutet, beschäftigt sich mit der ganzkörperlichen Gesundheit. Dabei verfolgt die Tradition eine Philosophie, die mit den meisten westlichen Lehren nichts zu tun hat. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass jede körperliche oder seelische Krankheit durch ein Ungleichgewicht entsteht. Ayurveda soll das Gleichgewicht bewahren und Krankheiten vorbeugen. Wenn nötig, wird auch geheilt. Anders als in der westlichen Medizin ist Ayurveda jedoch mehr ein Lebensstil, der sich in mehreren Aspekten zeigt, und weniger eine Behandlungsmethode, die erst dann zum Einsatz kommt, wenn wirkliche Beschwerden vorliegen.
Um das seelische und körperliche Gleichgewicht zu bewahren, wird sich auf die bestimmenden Lebensenergien, die sogenannten „Doshas“ berufen.
Diese Grundkräfte der Natur entsprechen den fünf Elementen. Geraten sie aus dem Gleichgewicht, erkranken wir. Jeder Mensch hat individuelle Ausprägungen und ist einem der drei Doshas zuzuordnen. Diese bestimmen unser Leben, sagen unsere Form und Größe an, welche Nahrungsmittel wir gut vertragen und unter welchen Beschwerden wir eher leiden. Die ayurvedische Lehre geht in ihrer Praxis individuell auf die verschiedenen Menschentypen ein und versucht eine geeignete Lebensweise aufzuzeigen. So sollen die Kräfte im Gleichgewicht bleiben und die Gesundheit sicherstellen. Zu den drei Grund-Doshas gehören Vata, Pitta und Kapha.

Die drei Grundtypen des Ayurveda – Doshas
Vata-Typen entsprechen dem Bewegungsprinzip, was sich auf geistiger und körperlicher Ebene zeigt. Sie sind kreativ und wortgewandt, mit einer schnellen Auffassungsgabe und häufig vielen Ideen. Sie begeistern sich gerne für Neues, sind flexibel und drahtig. Damit entsprechen sie die den Elementen Wind, Luft und Äther.
Pitta-Typen sind so etwas wie das Mittelmaß. Sie sind durchschnittlich groß, mit häufig athletischem Körperbau und strahlenden Augen. Dem Element Feuer zugehörig besitzen sie eine starke Ausstrahlung, mit Ehrgeiz und Hang zur Führungsposition. Die Energie dahinter wird vom körpereigenen Feuer (Agni) angetrieben, was ihnen einen hohen Appetit verleiht.
Kapha-Typen zeichnen sich durch einen kräftigen Körperbau und langsame Bewegungen aus. Auf psychischer Ebene verkörpern sie Ruhe, Ausdauer und Gelassenheit. Selbst in brenzlichen Situationen bleiben sie ruhig, gelassen und sind häufig die Stimme der Vernunft, die andere beschwichtigt.
Kaum ein Mensch ist nur einer Kategorie zuzuordnen. Die meisten sind Mischtypen, sodass sich Klassifizierungen wie Pitta-Kapha, Vata-Pitta und Vata-Kapha ergeben. Online-Selbsttest oder Besuche bei ayurvedischen Heilern helfen bei der Einschätzung.

Ayurveda-Ernährung – Ruhig und bedacht
Die indische Lehre beschäftigt sich viel mit der richtigen Ernährung. Dabei werden jedem Menschen bestimmte Nahrungsmittel gemäß seinem Dosha-Typen empfohlen. Generell gibt es einige Grundregeln, die beim Verdauen, sowie der optimalen Nährstoffversorgung helfen sollen. Grundsätzlich sollte man nur dann essen, wenn man wirklich hungrig ist. Das bedeutet auch, dass man erst isst, wenn die letzte Nahrung bereits verdaut wurde. Die Hauptmahlzeit wird mittags zu sich genommen. Essen sollte immer in Ruhe geschehen; Mahlzeiten während dem Gehen oder im Stehen zu sich zu nehmen, gilt als schädlich.
Auch sollten die Lebensmittel an die eigene Verfassung, die Jahreszeit und den Ort, an dem man sich befindet, angepasst sein.
Wasser wird abgekocht und niemals kalt getrunken – und nur dann, wann sich der Durst meldet. Jede Mahlzeit sollte alle ayurvedischen Geschmacksrichtung gleichzeitig abdecken: süß, sauer, salzig, scharf, bitter und herb. Um die körpereigenen Funktionen nicht zu stören, sollte kein Vorgang unterdrückt werden. Dazu zählen besonders der Stuhlgang und Flatulenzen. Vashas essen hauptsächlich bitter, scharf und herb; Pittas sauer, salzig und scharf; Kaphas süß, sauer und salzig.
Ayurveda-Produkte – Bewährte Pflanzenheilkunde
Entsprechend der Typen werden seit Jahrtausenden verschiedene Pflanzen eingesetzt, um das Gleichgewicht sicherzustellen und so Beschwerden zu lindern. Eines der gängigsten Produkte, das sich auch heute als beliebtes Nahrungsergänzungsmittel in den Apotheken findet, ist Ashwagandha. Es reduziert Stress, Angst und hilft bei Schlafproblemen. Dabei senkt es das körpereigene Cortisol und führt zu einem ruhigen und gelassenen Zustand. So ist es vor allem für den flinken Vata-Typen interessant, der häufig mit Nervosität und Unruhe zu kämpfen hat.
Auch das „schwarze Gold des Himalayas“, Shilajit, findet sich im Ayurveda. Es wirkt vitalisierend, stärkt die Libido und die Zellenergie. Besonders Kapha-Typen fühlen sich mit dem Stoff wohl, doch auch andere erfreuen sich der natürlich aufputschenden Wirkung. Triphala ist ein beliebter Fruchtmix, der für alle Typen interessant ist, die Verdauung begünstigt, Hautirritationen mindert und besonders im Alter verjüngend wirken soll.

Ayurveda-Massagen – Ätherische Öle und leichte Bewegungen
Entsprechend ihrer Ganzheitslehre beschäftigt sich Ayurveda auch mit Massagen. Bei der beliebtesten handelt es sich um die Abhyanga-Massage. Das ist eine Ganzkörpermassage, die von Kopf bis Fuß mit wärmenden oder vitalisierenden Kräuterölen durchgeführt wird.
Die angewendeten Mittel sind dabei auf den jeweiligen Typ abgestimmt.
Vata-Typen, die oft trocken, kalt und nervös sind, profitieren von Lavendel, Rosen und Sandelholz. Pittas genießen Pfefferminze, Zitrone und Jasmin, wohingegen Kaphas Rosmarin, Zimt, Ingwer und Zypresse lieben. Anders als bei den weitverbreiteten Thaimassagen kommt die ayurvedische Behandlung mit leichtem Druck und gleichmäßigen Bewegungen aus. So werden Verspannungen gelöst und Körper und Geist wieder ins Gleichgewicht gebracht.
Fazit
Ayurveda ist eine umfängliche Lehre, die von mehreren Millionen Menschen weltweit praktiziert wird. Mit ihren Dosha-Typen geht sie auf individuelle Bedürfnisse ein und gibt praktische Ernährungstipps. Daneben entspringen ihr eine nachweislich gesunde Pflanzenheilkunde und entspannende Massagen. Wer sich zu der traditionellen Therapieform hingezogen fühlt, sollte ihr eine Chance geben.